Viele Wildtiere fühlen sich in unseren Städten wohl. In Berlin zum Beispiel leben Mäusebussarde und Habichte im Park oder Biber an der Spree. Das kann auch zu Konflikten führen, etwa dann, wenn die Biber Bäume fällen. Wildtierexperte Derk Ehlert vermittelt in solchen Fällen zwischen Mensch und Tier.

Eigentlich ist Derk Ehlert Landschaftsplaner, in Berlin arbeitet er aber seit fast 20 Jahren als Wildtierreferent und Stadtnatur-Experte. Er ist angestellt bei der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt.

Derk Ehlert sagt: "Wildtierreferent klingt so, als ob ich für die Wildtiere zuständig bin. Dabei brauchen die mich eigentlich gar nicht. Mich brauchen eher die Menschen, die sich darüber wundern, dass Wildtiere in der Stadt vorkommen." Er bekommt viele Anrufe von Menschen, die davon ausgehen, dass sich Tiere verirrt haben, wenn sie etwa Wildschweine, Füchse oder Biber in der Stadt sehen.

"Ich kläre darüber auf, dass es nicht schlimm ist, wenn Füchse in der Stadt vorkommen."
Derk Ehlert, Wildtierreferent in Berlin

Seine Stelle hat sich vor rund 20 Jahren ein bisschen von alleine geschaffen: Damals bekam die Stadt viele Anrufe wegen Wildschweinen. Menschen haben um Hilfe gebeten, wenn die Wildschweine zum Beispiel ihren Garten umgepflügt haben.

"Wie es in einer Verwaltung so ist, hat man zunächst geprüft, ob man zuständig ist und hat den Förster kontaktiert. Der hat gesagt: 'Nee, ich bin gar nicht zuständig, weil die Tiere außerhalb des Waldes sind. Der Förster ist für den Wald zuständig.'" So ist es eine Weile hin und her gegangen, ohne dass das eigentliche Problem gelöst wurde. Die Anrufe von Betroffenen haben sogar zugenommen.

Durch einen Zufall kam Derk Ehlert damals in die Verwaltung und wurde spontan gebeten, mit den Menschen zu sprechen und sie zu beruhigen, schließlich kenne er sich doch mit Tieren aus. Später wurde daraus sein fester Job.

Ungestörte Natur in der Stadt

In einigen Städten kommen auf kleiner Fläche ganz verschiedene Biotoptype vor, erklärt Derk Ehlert. In der Stadt werden oft auch weniger Biozide gespritzt, demnach herrschen dort auch bessere Lebensbedingungen etwa für Insekten – im Vergleich zum Land außerhalb der Stadt, wo Monokulturen überhandnehmen.

"Wir haben auf kleinen Flächen wie in Köln ganz verschiedene Strukturen von kleinen Wäldern, Flüssen, Hinterhöfen, wo unterschiedliche Arten vorkommen", sagt der Wildtierreferent. Zusätzlich gebe es dort auch durchaus Menschen, die sich für diese Natur interessieren.

"Großstädte wie Frankfurt, Köln, Berlin sind schon kleine Hotspots der Artenvielfalt geworden."
Derk Ehlert, Wildtierreferent in Berlin
Wildtierexperte Derk Ehlert mit einem Fernglas.
© Stiftung Naturschutz Berlin
Wildtierexperte Derk Ehlert mit einem Fernglas.

Bei Wildschweinen sei definitiv Respekt angebracht, wenn man ihnen begegne. Derk Ehlert erklärt aber auch, dass die Menschen lernen müssten, mit den Tieren in der Stadt umzugehen. Wildschweine zum Beispiel verlassen gerne den Wald – vor allem in der Nacht –, um nach Nahrung zu suchen.

Insgesamt sei es einfacher, sich mit den Tieren zu arrangieren, anstatt gegen sie vorzugehen. Seine Aufgabe ist es, mit den Menschen zu reden und sie zu beraten. Was hingegen nicht seine Aufgabe ist: Die Tiere einzufangen und sie zurück in den Wald zu bringen. "Wir müssen mit den Tieren leben, und das will ich auch", sagt er.

Im Gespräch mit Sebastian Sonntag erzählt Derk Ehlert mehr über seine Arbeit als Wildtierexperte, darüber, welche Tiere bei uns in der Stadt vorkommen, und warum Buntspechte unter Halsbandsittichen leiden. Dafür oben auf den Play-Button klicken.

Shownotes
Wildtierreferent Derk Ehlert
"Städte sind viel lebensfreundlicher als viele meinen"
vom 04. September 2022
Moderator: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartner: 
Derk Ehlert, Wildtierreferent, Senatsverwaltung für Umwelt Berlin