Surfen wir durchs Netz, stoßen wir auf Katastrophenmeldungen, Warnungen und negative Nachrichten. Obwohl uns die Inhalte eigentlich eher herunterziehen, klicken wir dennoch darauf. Doomscrolling - das verdammte Scrollen - so der Begriff dafür. Warum wir uns so verhalten und was wir dagegen tun können, erklärt eine Neurowissenschaftlerin.
Doomscrolling heißt auf Deutsch in etwa verdammtes Scrollen. In Neuseeland wurde der Begriff zum Wort des Jahres gekürt. Maren Urner ist Neurowissenschaftlerin und Professorin für Medienpsychologie an der Hochschule für Medien und Kommunikation und Wirtschaft in Köln. Sie sagt, von diesem Verhalten, sofort auf negative Meldungen zu reagieren, können wir uns nicht freimachen. Ihr selbst gehe es nicht anders.
Unser Gehirn reagiert schneller auf Negatives
Endlose Nachrichten-Feeds verleiten uns dazu, immer weiter zu scrollen. Jede neue Meldung sei dann wie eine Belohnung für uns. Ein bisschen sei das so, wie bei einem Glücksspielautomaten, sagt Maren Urner. Dazu komme, dass unser Gehirn darauf optimiert ist, auf Negatives schneller, besser und intensiver zu reagieren.
"Unser Hirn ist darauf optimiert, auf Negatives besser, intensiver und generell einfach schneller zu reagieren."
Dafür verantwortlich sei das, was die Neurowissenschaftlerin unser "Steinzeithirn" nennt. Dieser Teil des Gehirns versuche mit einer schnellen Reaktion auf negative Meldungen, möglicherweise eine Bedrohung, uns am Leben zu erhalten. Das sei evolutionsbiologisch bedingt.
Glücklicherweise hätten wir aber auch ein jüngeres Gehirn, der präfrontale Kortex, der hinter der Stirn sitzt. Dieser Teil des Hirns lasse uns darüber reflektieren, ob unser Verhalten uns auch guttue – zum Beispiel in der Negativspirale unseres Nachrichtenkonsums festzustecken.
Gewohnheiten ändern: Keine leichte Aufgabe
Was aber tun, wenn wir eigentlich wissen, dass uns das eigene Verhalten gerade mehr stresst, es aber trotzdem nicht schaffen, das Handy oder Tablet endlich zur Seite zu legen? Ein pauschales Rezept, wie wir bestimmtes Verhalten unterdrücken oder Gewohnheiten ablegen können, gibt es nicht, weil jeder Mensch unterschiedlich funktioniert.
Prinzipiell sei es schwierig, gegen die eigene Natur anzukämpfen, so die Neurowissenschaftlerin. Was helfe, habe viel mit Ausprobieren zu tun, sagt Maren Urner. Helfen könnte zum Beispiel, sich von anderen unterstützen zu lassen. Auch ein spielerischer Ansatz könnte funktionieren: Es gebe zum Beispiel Restaurants, in denen die Handys auf den Tisch gelegt werden müssen. Wer als erster zum Gerät greife, müsse die Runde zahlen.
"Zum Beispiel ein Spiel draus machen. Es gibt Restaurants, da müssen alle die Handys auf den Tisch legen. Wer als erster danach greift, muss die Rechnung zahlen."
Anderen könnte eine festgelegte Uhrzeit helfen, ab der sie zum Beispiel das Handy stumm schalten und sich so nicht mehr stressen lassen. Egal ob über das Soziale, die Zeit oder einfach über ein Gefühl, das in uns hochkommt, könnten wir so eine neue Art Reiz oder Stimulus setzen, der es uns erleichtere, eine andere Gewohnheiten als die des Nachrichtenkonsumierens zu etablieren.
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