Um unabhängig von Erdgaslieferungen aus Russland zu werden, wäre grüner Wasserstoff eventuell die Lösung: Damit könnte der Energiebedarf nachhaltig gedeckt werden. Aber: Herstellung und Transport stellen uns noch vor vielerlei Probleme.
Wasserstoff bietet viele Vorteile als Energiequelle: Er verbrennt ohne Rückstände, was übrig bleibt, ist Wasser oder Wasserdampf. Dadurch wird das Klima nicht zusätzlich belastet. Und Wasserstoff eignet sich, um Ökostrom zu speichern.
Ziel der Bundesregierung ist es, langfristig nur noch sogenannten grünen Wasserstoff einzusetzen. Grüner Wasserstoff stammt ausschließlich aus erneuerbaren Energien, zum Beispiel Wind- und Sonnenkraft. Und hier zeigt sich schon das erste Problem: Deutschland verfügt nicht über genug Quellen, um seinen Strombedarf mithilfe von regenerativen Energien abdecken zu können.
Herstellung von Wasserstoff kostet viel Energie
Eine weitere Herausforderung ist die Herstellung von grünem Wasserstoff, der zum aktuellen Zeitpunkt einfach sehr viel Energie kostet. Das Verfahren dafür, die Elektrolyse, ist bereits seit 150 Jahren bekannt. Mit dieser Methode wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten.
Je nach Technologie gehen 20 bis 40 Prozent der eingesetzten Energie dabei verloren. Der Rest ist dann als chemische Energie im Wasserstoff gespeichert. Um große Mengen mit einem Lkw zu transportieren, wird der Aggregatzustand des Wasserstoffs von gasförmig in flüssig umgewandelt. Auch dafür muss Energie eingesetzt werden: und zwar rund 30 Prozent – allein dafür.
Gas aus dem Nahen Osten als Überbrückungshilfe
Die Bundesregierung möchte daher mit Marokko und den Vereinigten Arabischen Emiraten kooperieren, um mithilfe der dort verfügbaren Sonnenenergie und Windkraft ausreichend grünen Wasserstoff produzieren und importieren zu können.
Vor allem für Schwerindustrie und Transport
Der grüne Wasserstoff könnte vor allem in der Schwerindustrie wie beispielsweise der Stahlindustrie genutzt werden. Deren Energiebedarf wird zurzeit durch Steinkohle gedeckt. Auf Wasserstoff als Energiequelle umzustellen, hätte klima- und umwelttechnisch gesehen einen großen Vorteil.
Deutschlands größter Stahlproduzent Thyssenkrupp hat beispielsweise einen zehnmal so hohen Kohelndioxid-Ausstoß wie der gesamte innerdeutsche Flugverkehr. Die Steinkohle als Energielieferant durch Wasserstoff zu ersetzen, würde bedeuten, dass die CO2-Emissionen fast komplett eingespart werden könnten.
Um Thyssenkrupp komplett auf grünen Wasserstoff umzurüsten, müssten 3.000 Windkraftanlagen für Strombedarf gebaut werden. Im letzten Jahr sind in ganz Deutschland allerdings nur rund 500 neue Windräder entstanden.
Weiterhin könnte Wasserstoff auch als Energiequelle für Lkw, Frachtschiffe oder Flugzeuge genutzt werden. Ökostrom eignet sich für den Transport über weite Strecken nicht so gut, weil die Akkus sehr groß sein müssten, um entsprechende Reichweiten erzielen zu können.
"Grundsätzlich gilt: Dort wo Ökostrom direkt genutzt werden kann, ist sein Einsatz sinnvoller als von Wasserstoff, weil schon viel Energie bei der Wasserstoffproduktion verloren geht."
Wasserstoff bietet eine wichtige Option als Energiequelle auf dem Weg dahin, dass Deutschland – wie geplant – bis zum Jahr 2045 CO2-neutral wird. Bisher ist es beispielsweise schwierig, Strom aus Solar- oder Windkraftanlagen zu speichern, wenn mehr produziert als verbraucht wird. Dafür werden aktuell Pumpspeicherkraftwerke genutzt, allerdings gibt es zu wenige davon in Deutschland.
Wasserstoff eignet sich sehr gut als Energiespeicher. Wenn er allerdings importiert und somit transportiert wird, bringt das neue Schwierigkeiten, wie den erwähnten Energieaufwand dafür, mit sich. Bis eine effiziente Lösung gefunden wird, ist es sicherlich noch ein langer Weg, fasst der Deutschlandfunk-Nova-Reporter Nico Rau die Problematik zusammen.
Blauer Wasserstoff als Übergangslösung
Da grüner Wasserstoff kurzfristig nicht in den benötigten Mengen verfügbar ist, plant der Wirtschaftsminister Robert Habeck auch sogenannten blauen Wasserstoff zu nutzen. Blauer Wasserstoff wird aus Erdgas hergestellt. Das stellt uns wiederum vor eine weitere Herausforderung: denn dabei entsteht viel Kohlendioxid. Das CO2 soll mit dem Carbon-Capture-Verfahren (CO2-Abscheidung und -Speicherung) einfangen und unterirdisch eingelagert werden.
Langfristig will das Wirtschaftsministerium Wasserstoff-Versorgungsketten aufbauen, zum Beispiel ein Netzwerk aus Pipelines, über die dann grüner Wasserstoff der Industrie zugeführt werden kann.
Um solch ein System zu etablieren, gilt es noch vieles mehr zu bedenken: Beispielsweise ist Stahl, der mithilfe von grünem Wasserstoff hergestellt wird, viel teurer als Stahl, der mithilfe von Kohle entsteht. Preislich hätte der nachhaltiger produzierte Stahl auf dem Weltmarkt keine Chance. Das heißt, ein Preis-Schutz wäre notwendig, der beispielsweise durch Klimazölle finanziert werden könnte. So etwas müsste allerdings EU-weit geregelt sein und bisher ist die Europäische Union zu diesem Schritt noch nicht bereit.