Frauen verdienen immer noch viel weniger als Männer. Die Lohnlücke liegt in Deutschland bei rund 18 Prozent. Ab 30 wird die Diskrepanz besonders deutlich. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat das genauer untersucht.

Der Unterschied beim Lohn liegt im Durchschnitt bei rund 18 Prozent. Katharina Wrohlich leitet am DIW die Forschungsgruppe "Gender Economics" und hat an einer aktuellen Studie zum Thema mitgearbeitet. Auffällig sei, sagt sie, dass der Gehaltsunterschied bei den Jüngeren noch weniger ausgeprägt ist. Dort liegt er bei etwa 7 Prozent.

Die Lohnlücke wächst im mittleren Alter

Danach werde die Lohndifferenz aber immer größer: Zwischen 30 und 40 Jahren liege sie bei 22 Prozent. Katharina Wrohlich sagt: "Tatsächlich sehen wir, dass diese Lebensphase zwischen 30 und 40 Jahren für die zukünftigen Erwerbskarrieren und damit auch für die Lohnentwicklung später ganz entscheidend ist." Der Lohn steige bei Frauen ab diesem Alter kaum noch an - der von Männern aber schon.

"Ab dem Alter von 30 Jahren passiert Folgendes: Der durchschnittliche Bruttostundenlohn, den Frauen bis zu diesem Lebensalter erreicht haben, den behalten sie bis zum Ende ihres Erwerbslebens."
Katharina Wrohlich, DIW

Bei Männern entwickle sich das Gehalt nach oben: "Männer haben zwischen dem Alter von 30 und 40 Jahren noch mal ein ziemlich hohes Lohnwachstum. Das scheint also hier für die Löhne der Männer eine sehr entscheidende Lebensphase zu sein", so Katharina Wrohlich. Und dieses Lohnwachstum machen viele Frauen nicht mit.

Wer Kinder bekommt, muss auf Lohn verzichten

Es sei kein Zufall, dass genau in dieser Lebensphase die Löhne von Frauen und Männern stark auseinandergehen, da in dieser Lebensphase meist die Familiengründung stattfindet, so Katharina Wrohlich: "Und die geht eben einher mit einer deutlichen Zunahme der unbezahlten Sorgearbeit, insbesondere der Kinderbetreuung. Und die ist eben leider von Anfang an sehr ungleich verteilt zwischen Frauen und Männern."

Ost-West-Gefälle

Die Gehaltslücke ist in Deutschland übrigens auch nicht überall gleich groß, sondern laut Studie gibt es dabei ein deutliches Ost-West-Gefälle. Sowohl der Gender Pay Gap als auch der Gender Care Gap sind in ostdeutschen Bundesländern kleiner.

"Der Gender Pay Gap und auch der Gender Care Gap ist niedriger. Also auch die unbezahlte Sorgearbeit ist in Ostdeutschland nicht ganz so ungleich zwischen Frauen und Männern verteilt wie in Westdeutschland."
Katharina Wrohlich, DIW

Katharina Wrohlich sagt, es liegt einerseits daran, dass Männer in Ostdeutschland ein bisschen mehr von der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen als Männer in Westdeutschland und dass Frauen gleichzeitig auch etwas weniger Sorgearbeit erledigen: "Das hat sicherlich den Hauptgrund, dass in Ostdeutschland das Angebot an Kitaplätzen traditionell besser ist".

"Das ist eben in Ostdeutschland nach wie vor sozial deutlich akzeptierter, wenn Mütter eben auch mit kleinen Kindern erwerbstätig sind."
Katharina Wrohlich, DIW

Hinzu komme, dass die gesellschaftlichen Normen etwas anders seien. Die Vollzeitarbeit von Müttern mit kleinen Kindern sei in den östlichen Bundesländern weniger negativ konnotiert als in Westdeutschland.

Lösungsansätze für gleiche Bezahlung

Um die Ungleichheit beim Lohn aufzuheben, sieht Katharina Wrohlich vom DIW mehrere Möglichkeiten: "Ein wichtiger Ansatzpunkt wäre, diese unbezahlte Sorgearbeit eben von Anfang an gleichmäßiger zwischen Frauen und Männern aufzuteilen. Dann hätten wir später auch eine ähnliche Entwicklung der Erwerbskarrieren von Frauen und Männern."

In der Politik gebe es bereits Vorschläge dazu, um eine gleichmäßigere Aufteilung der Sorgearbeit von Anfang an zu fördern. Allerdings hapere es bei der Umsetzung.

Elterngeld, Minijobs und Ehegattensplitting

Eine Möglichkeit wäre es auch, so Katharina Wrohlich, die Anzahl der Partnermonate beim Elterngeld zu erhöhen: Bisher können Eltern insgesamt maximal 14 Monate lang Elterngeld beantragen. Ein Elternteil kann jedoch höchstens 12 Monate lang in Elternzeit gehen. Um die restlichen zwei Monate auszuschöpfen, muss auch der Partner oder die Partnerin mitmachen. Oft sind es die Frauen, die den höheren Anteil der Elternzeit übernehmen. Katharina Wrohlich sieht Möglichkeiten, das Elterngeld so zu gestalten, dass jeweils ein Elternteil eine Hälfte der Zeit übernehmen muss.

Weitere Ansatzpunkte gegen den Gender Pay Gap wären etwa eine Reform des Ehegattensplittings oder auch eine Abschaffung der steuerlichen Begünstigung der Einkünfte aus Minijobs. Denn viele verheiratete Frauen würden nicht wieder Vollzeit ins Berufsleben einsteigen, sondern auf Minijobs zurückgreifen, sagt Katharina Wrohlich.

Shownotes
Gender Pay Gap
Ab 30 wird die Lohnlücke größer
vom 07. März 2023
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Katharina Wrohlich, leitet beim DIW die Forschungsgruppe Gender Economics