Erkältungen, Grippeerkrankungen oder Corona-Infektionen nehmen im Winter zu. Forschende aus den USA wissen jetzt, warum das so ist: Es liegt an der Kälte und daran, wie unser Immunsystem darauf reagiert.

Draußen ist es kalt, die Nase läuft und wir merken: Wir werden krank. Mit dem Herbst beginnt auch die Erkältungszeit. Forschende der medizinischen Fakultät der Harvard University haben in einer Studie untersucht, warum das so ist: Warum nehmen in der kalten Jahreszeit Erkältungen, Grippe- oder Covid-19-Erkrankungen zu?

Es fängt in der Nase an

Eine Erklärung war bisher, dass wir im Winter mehr Zeit in geschlossenen Räumen verbringen und dadurch Viren aus der Luft leichter einatmen. Die Forschenden aus Boston kommen jetzt zu dem Ergebnis, dass auch die Kälte im Herbst und Winter eine entscheidende Rolle spielt. Danach beeinflussen Temperaturen unser Immunsystem. Konkret geht es um einen Abwehrmechanismus in der Nase, die sogenannten extrazellulären Vesikel. Das sind kleine Sekretkügelchen, die eine Membran umschließt.

Abwehrmechanismus der Nasenschleimhaut

Aus einer früheren Untersuchung wissen die Forschenden, dass diese Vesikel Bakterien unschädlich machen und sie daran hindern kann, weiter in den Körper einzudringen. Die Membran, die die Sekretkügelchen umschließt, ist dafür mit antibakteriellen Proteinen beladen. Wenn Bakterien in unsere Nase kommen, produziert die Nasenschleimhaut eine große Anzahl der Sekretkügelchen.

Viren als Auslöser für Atmenwegserkrankungen

Die Forschenden haben untersucht, wie die extrazellulären Vesikel mit Viren umgehen. Viren sind für die meisten Atemwegserkrankungen die Auslöser. Deswegen haben die Wissenschaftler*innen menschliches Nasengewebe im Labor mit drei unterschiedlichen Viren infiziert: einem Coronavirus und zwei Rhinoviren. Das sind Viren, die eine normale Erkältung verursachen.

Dabei hat sich gezeigt: Die Nasenschleimhaut hat auch im Falle der Viren Milliarden der extrazellulären Vesikel mit antiviralen Proteinen produziert. Allerdings arbeiten die Sekretkügelchen im Zusammenhang mit Viren anders als bei Bakterien.

Die Vesikel bilden an ihrer Oberfläche Rezeptoren, an die sich die Viren binden. "Diese Vesikel haben sich quasi als Nasenzellen verkleidet und so die Viren abgefangen, bevor sie die echten Nasenzellen befallen konnten", erklärt Kerstin Ruskowski aus den Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten. Wenn die Nasenschleimhaut ausreichend von den Sekretkügelchen produziert, gelangen die Viren also nicht weiter in den Körper und wir werden nicht krank.

"Unsere Nase ist ein mögliches Einfallstor für Viren und Bakterien, weil es von dort direkt in unseren Körper rein geht. Deshalb haben wir in unserer Nase einen Abwehrmechanismus."
Kerstin Ruskowski, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten

Kälte bremst Abwehrmechanismus

Bei Kälte funktioniert dieser Abwehrmechanismus allerdings nicht mehr so gut. In der Studie des Wissenschaftsteams hat die Nasenschleimhaut bei einer Temperatur von kapp vier Grad gut 40 Prozent weniger der extrazellulären Vesikel produziert als bei Raumtemperatur. Denn: Wenn es draußen kälter wird, sinkt auch die Temperatur in unserer Nase.

Damit wir uns bei Kälte vor Infektionen schützen können, wäre es laut der Forschenden hilfreich, den Abwehrmechanismus der Nasenschleimhaut nachzustellen. Das wäre beispielsweise mit Nasensprays möglich, die unsere Nasenschleimhaut anregen, auch bei Kälte mehr Sekretkügelchen zu bilden.

Aus dem Ergebnis der Studie könnte man auch ziehen, die Nase im Winter möglichst warm zu halten und Viren zu meiden wie über einen Mund-Nasen-Schutz.

Shownotes
Erkältungszeit Winter
Kälte hemmt Schutzfunktion in der Nase
vom 06. Dezember 2022
Moderatorin: 
Anke van de Weyer
Gesprächspartnerin: 
Kerstin Ruskowski, Deutschlandfunk-Nova-Nachrichten