Während des Corona-Shutdowns sind aus so manchen Kochmuffeln wahre Feinschmecker geworden. Andere haben das Bestellen von Essen so richtig für sich entdeckt. Wie die Pandemie unser Essverhalten verändert hat, zeigt der Food Report 2021.
Google-Anfragen wie "Wie koche ich Nudeln?" sind während des Corona-Shotdowns durch die Decke gegangen und viele Haubenköche haben ihre Kochkünste in Videos präsentiert, berichtet Hanni Rützler. Sie ist Ernährungswissenschaftlerin und stellt im Rahmen des Zukunftsinsitutes jedes Jahr einen Food-Report vor, der die neuesten Trends und Entwicklungen im Bereich Essen und Trinken analysiert.
Struktur durch den Shutdown
Die Corona-Krise hat unser privates Essverhalten nachhaltig verändert, sagt Hanni Rützler. Während der Trend vor der Krise zu unregelmäßigen Essenszeiten ging, hat uns das Essen und Kochen überhaupt erst eine Zeitstruktur im Corona-Alltag verliehen. Denn diese hatte sich durch den Shutdown aufgelöst.
"Durch den Lockdown waren wir ja vollkommen außerhalb unseres normalen Rhythmus. Und plötzlich hat das Essen uns wieder eine Zeitstruktur im Alltag gegeben."
Diejenigen von uns, die seitdem im Home-Office arbeiten, sind im Alltag flexibler geworden. Auch das hat dazu beigetragen, dass wir wieder mehr und bewusster kochen. Der Trend hin zur gesunden Ernährung ist seit der Corona-Krise stabil, berichtet Hanni Rützler.
Die Skandale in der Fleischindustrie der letzten Wochen und Monaten haben zudem dazu beigetragen, dass der Trend zur pflanzlichen Ernährung weiterhin anhält.
Kochen in Teamwork
Von Seiten der Gastronomie könnte unser neues Kochverhalten mit kreativen Angeboten genutzt werden. Restaurants könnten beispielsweise anbieten, zu einem guten Abendessen zuhause das perfekte Steak beizusteuern. Es geht vielen also nicht immer darum, ein fertiges Gericht vorgesetzt zu bekommen, sondern dieses Gericht auch in Teilen selbst gekocht zu haben, sagt Hanni Rützler.
Die Stunde des Lieferservices
Ein Trend, der durch die Coronavirus-Pandemie noch verstärkt wurde, sind die sogenannten Ghost-Kitchens. Das sind Küchen, die nur für den Take-Away-Gebrauch kochen und keine Gäste vor Ort bedienen. Die Lieferservice-Unternehmen werden also immer mehr zu den neuen Foodplattformen in unserer Gesellschaft, hat Hanni Rützler beobachtet.
"Die Lieferservice-Unternehmen entwickeln sich eigentlich zu neuen Foodplattformen und bringen ganz neue Gastronomiekonzepte hervor."
Dabei gibt es ganz unterschiedliche Konzepte: Beispielsweise stellen manche Lieferdienste Container in einer guten Lage mitten in der Stadt auf, um dort direkt für die Laufkundschaft zu kochen. Es gibt zudem auch Restaurants, die sich Ghost-Kitchens mieten, um mit ihnen eine neue Zielgruppe zu gewinnen, die normalerweise nicht am eigentlichen Restaurant vorbeigekommen wäre.
Datensammlung durch Lieferapps
Außerdem hat Hanni Rützler beobachtet, dass sich die Art der Bestellung von Speisen verändert hat. Anstatt per Telefonat das Essen zu bestellen, nutzen immer mehr Menschen Lieferapps. Durch diese Apps können Lieferunternehmen viele verschiedene Daten sammeln und beispielsweise erkennen, in welchem Viertel noch ein gutes asiatisches Restaurant fehlt. In diesem Viertel könnten Unternehmen dann beispielsweise eine Ghost-Kitchen mit einem asiatischen Koch aufstellen, um so ein breites Angebot aufrecht zu erhalten.
"Das sind ganz neue Konzepte, die auch die Landschaft der ganzen Gastro-Branche massiv verändern werden."
Dadurch, dass Restaurants während der Corona-Krise zu Ghost-Kitchens übergangen sind, seien neue, spannende Konzepte entstanden, mit welchen die Betreiber auch die regionale Nachbarschaft wieder für sich gewinnen könnten.
Steigende Anforderungen an Restaurants
Das Ende des klassischen Restaurantbesuchs sieht Hanni Rützler deshalb noch nicht kommen. Jedoch wird der Konkurrenzkampf immer größer werden und auch die Ansprüche an Restaurants werden steigen. Kundinnen und Kunden legen immer mehr Wert auf eine moderne Ausstattung und eine angenehme Atmosphäre beim Essen gehen, sagt Hanni Rützler. Restaurants, die bei diesen Trends nicht mithalten können, würden sich in Zukunft schwer tun.
"Es wird die Gastronomie-Landschaft verändern, insofern, dass man einfach mehr Wert auf die Stimmung und Ausstattung im Restaurant legen muss."
Denn wer sich dazu entscheidet in ein Restaurant zu gehen, dem geht es nicht nur um das Essen, sondern auch darum, eine Stadt zu erleben und im Austausch mit anderen Menschen zu sein. Für die Restaurants ist jetzt die größte Herausforderung, so kundenorientiert wie möglich zu arbeiten. Dabei gehe es nicht nur darum, Bestell- und Bezahlwege zu modernisieren, sondern auch das Personal bewusster einzusetzen.