Im Jahr 2000 Jahren versprach die Regierung eine feste Vergütung für den produzierten Strom von Windkraftanlagen. Diese Vergütungen laufen nun vollends aus. Mit dem aktuellen Marktpreis können viele Windkraftanlagen bald nicht mehr finanziert werden.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz vom April 2000, von der damaligen rot-grünen Regierung verabschiedet, sollte die Windkraft in Deutschland pushen. Die Botschaft der Regierung war damals: Wer ein Windrad aufstellt, dem wird über einen Zeitraum von 20 Jahren eine feste Vergütung für den ins Netz gespeisten Strom garantiert, nämlich zunächst etwa 9 Cent pro Kilowattstunden. Für viele Windmüller war dies damals eine sehr interessante Rechnung, da sie dadurch Planungssicherheit erhielten, erklärt Johannes Kulms, Dlf-Landeskorrespondent für Schleswig-Holstein.

Heute, 20 Jahre später, läuft diese Vergütung, die über die Jahre immer weniger wurde, aus. Das könnte das Ende vieler Windkraftanlagen bedeuten.

Größtes Problem: Keine feste Vergütung

Claas Arlt aus Nordfriesland, der bereits viele Windparks in ganz Deutschland gebaut hat, sieht das größere Problem nicht bei den reparaturbedürftigen Windrädern. Er sagt, dass viele auch noch nach den 20 Jahren sechs bis sieben weitere Jahre durchhalten würden. Das größere Problem sei seiner Meinung nach die fehlende feste Vergütung.

Der Windparkbetreiber müsse seinen Strom mittlerweile zum Marktpreis verkaufen, der aber derzeit stark gesunken ist und zweitweise bei zwei Cent pro Kilowattstunde stand. Das lag auch an der Corona-Pandemie und dem im Vergleich zum Vorjahr gesunkenen Stromverbrauch. Damit sich der Weiterbetrieb allerdings lohne, bräuchte er viereinhalb bis fünf Cent. Claas Arlt geht deshalb davon aus, dass die meisten Windräder nur noch solange weiterliefen, bis sie den ersten großen Schaden hätten.

"Wir brauchen im Weiterbetrieb die viereinhalb bis fünf Cent. Deswegen kann man davon ausgehen, dass die Anlagen, wenn sie denn weiterlaufen- nur solange weiterlaufen, bis sie den ersten großen Schaden haben."
Claas Arlt, Windparkbetreiber aus Nordfriesland

Repowering wird immer schwieriger

Dass alte Anlagen vom Netz gehen und durch neue, stärkere ersetzt werden, ist grundsätzlich nicht schlecht. Das sogenannte Repowering ist seit vielen Jahren ein gängiges Verfahren in der Windkraftbranche.

"Repowering ist in der Windkraftbranche seit vielen Jahren ein ganz normales Verfahren. Du hast 15 alte Anlagen und ersetzt die durch zehn Neue, je nachdem, wie leistungsstark die sind."
Johannes Kulms, Dlf-Landeskorrespondent für Schleswig-Holstein

Jedoch sind die Genehmigungsverfahren dazu mittlerweile sehr kompliziert und ziehen sich oft über Jahre hin. Ist dann ein neues Windrad genehmigt, sind meist schon wieder neue Beschränkungen wie beispielsweise eine neue Höhenbeschränkung dazu gekommen.

CO2-Bonus für ältere Anlagen als Lösung

Claas Arlt schlägt deshalb vor, dass die Betreiberinnen und Betreiber von Windkraftanlagen einen CO2-Ersparnis-Bonus erhalten sollten, dafür, dass sie ihre alten Anlagen noch etwas länger laufen lassen. Denn je länger die Anlage läuft, desto kleiner wird ihr ökologischer Fußabdruck. Windräder produzieren zwar sauberen Strom, bei ihrer Herstellung als auch bei ihrer Verschrottung entsteht allerdings CO2.

Torsten Faber vom Windenergy Technology Institute in Flensburg hat noch ein weiteres Argument für das Erhalten der älteren Anlagen: Da sie kleiner sind als die neuen, werden sie auch in der Gesellschaft besser akzeptiert. Denn von Gegnern der Windräder werde sie häufig als eine Verschandelung der Natur bezeichnet. Er weiß allerdings auch um den Zeitdruck, unter dem die Bundesregierung derzeit steht, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben.

Keine Überbrückungsfinanzierung für Windkraft geplant

Beim Bundeswirtschaftsministerium sind die Hilferufe aus starken Windkraftländern wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen bekannt. Johannes Kulms hat beim Wirtschaftsministerium nachgefragt, das agumentiert, dass der Anteil der Windräder, die jetzt aus der Förderung fallen, mit Blick auf die Gesamtleistung eher gering sei. Zudem seien die Windräder nach 20 Jahren refinanziert.

Was allerdings auffällt: Während für die Solarenergie eine Art Überbrückungsfinanzierung geplant ist, ist das für die Windkraft bisher nicht der Fall.

"Interessanterweise ist für die Solarenergie eine Art Übergangsfinanzierung geplant. Bisher aber eben nicht für die Windkraft."
Johannes Kulms, Dlf-Landeskorrespondent für Schleswig-Holstein

Wie viel grundsätzlich ein Windrad kostet, hängt immer davon ab, wie groß und stark die Anlage ist. Ganz grob gilt laut Windkraftexperten: Für ein Megawatt Leistung zahlt der Betreiber eine Million Euro. Bei drei Megawatt Leistung sind es schon drei Millionen Euro. Damit produziert man allerdings auch genug Strom, um pro Jahr 2000 Haushalte damit zu versorgen.

Shownotes
Erneuerbare-Energien-Gesetz
Tausende Windkraftanlagen vor dem Aus
vom 21. September 2020
Moderator: 
Paulus Müller
Gesprächspartner: 
Johannes Kulms, Dlf-Landeskorrespondent für Schleswig-Holstein