Ein Kreuzchen auf dem Wahlzettel setzen: Das dürfen am 9. Juni bei der Europawahl erstmals auch schon 16- und 17-Jährige. Aber wissen die eigentlich, was sie da tun? Das bezweifeln einige Kritiker. Und was sagen die potenziellen Erstwähler selber?
Wählerinnen und Wähler, die unter 18 Jahren sind, werden bei dieser Europawahl womöglich das erste Mal zur Wahlurne gehen. Doch wie viele von ihnen haben sich wirklich mit Politik beschäftigt?
Befragt man die zehnte Klasse eines Gymnasiums in Rüdersdorf in Brandenburg, so sagt ein Drittel der Schülerschaft über sich, dass sie sich für Politik interessieren. Der Rest ist eher desinteressiert.
Wählen soll, wer wählen kann
Aus diesem Grund, sagt Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, sollten sie noch nicht wählen dürfen. Der Wahlforscher Thorsten Faas ist da anderer Meinung: Auch 16- und 17-Jährige sollten sich an Wahlen beteiligen, erklärt er.
"So viele Menschen wie möglich sollen an Wahlen teilnehmen können. Und wenn 16/17-Jährige das tun können, dann ist es aus meiner Sicht tatsächlich eine gute Sache."
Faas argumentiert, dass auch ältere Menschen, die wählen dürfen, nicht unbedingt ein Interesse an Politik haben müssen. Wählen sei eben ein hohes Gut, dass man jemandem nur schwer entziehen könne. Schon ab 14 Jahren seien Menschen in der Lage, an politischen Wahlen teilzunehmen, so Faas.
"Psychologinnen und Psychologen sagen sogar, ab 14 Jahren ist man da grundsätzlich bereit zu wählen."
Politische Themen der unter 18-Jährigen
Die politischen Themen, die Jugendliche aktuell interessieren sind: der Klimawandel, die Zukunft der Wirtschaft, der Ukraine-Krieg und Migration. Informationen darüber beschaffen sich die Schüler*innen aus Rüdersdorf meistens über Instagram und Youtube, sagen sie.
"Also wir sehen erst mal eine größere Offenheit bei jungen Menschen in ganz viele Richtungen."
Generell ist klar, sagt Thorsten Faas, dass jüngere Deutsche offener sind bei der Wahl der Parteien. Sie seien noch nicht so festgelegt und nutzen ein größeres Spektrum als ältere Menschen.
Dass viele 14-29-Jährige die AFD wählen würden, besagte jüngst die Umfrage zur "Jugend in Deutschland". Thorsten Faas betont, dass es jedoch andere Studien gibt, die diese Umfrage widerlegen. Junge Menschen hätten sehr unterschiedliche politische Einstellungen.
"Ich denke, es sollte ein gewisses Alterslimit geben, und insgesamt sollten mehr junge Leute an die Macht kommen."
Ob wählen also für Jugendliche erlaubt sein sollte? Einer der Schüler des Gymnasiums aus Rüdersdorf in Brandenburg dreht den Spieß einfach um und erklärt, er finde dass älteren Menschen das Wahlrecht mit der Rente entzogen werden müsste. Denn die Politik insgesamt sei viel zu wenig auf junge Leute ausgerichtet, meint er.
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