Intro, Hook, Prechorus und Refrain: Kurz vor dem ESC-Finale wollen wir wissen, wie gut das Duo "Sisters" harmoniert und was unser Song "Sister" für Israel taugt und lassen ihn von dem Komponisten und ESC-Kenner Klaus Kauker auseinandernehmen.
Wir haben mit dem Komponisten Klaus Kauker in den Song "Sister" reingehört, der beim diesjährigen Eurovision Songcontest in Israel am Wettbewerb teilnimmt. Das Pop-Duo Sisters, das den Song performt, hat sich erst im Januar 2019 für den Auftritt beim ESC formiert.
Der Anfang des Songs holt den Zuhörer super ab, findet der selbst ernannte Musikpolizist Klaus Kauker: Das Lied beginnt ganz reduziert mit einer Spieluhr und dann mit Klavierbegleitung. Das Klavier spielt ganz gleichmäßig den Grundton - damit ist schon die Harmonie klar, der Hörer erkennt mit den Anfangstakten das Tempo "und die Melodie ist supersimpel und lässt eigentlich keine Fragen offen", sagt der Musiker.
"Der ESC ist eine Pop-Olympiade, ein knallbuntes Feuerwerk, da jagt ein Superlativ den nächsten. Packende Momente, manchmal auch Skurrilitäten und vielleicht auch den einen oder anderen bodenlosen Reinfall, den man da sehen kann."
Die Spieluhr am Anfang und die minimalistische Klavierbegleitung geben ein klares Setting vor: Mit der Spieluhr assoziiert der Hörer möglicherweise ein Kinderzimmer - er weiß intuitiv, dass es in dem Track um etwas Persönliches geht, sagt der Komponist, beispielsweise um die Beziehung der "beiden Schwestern", auf die sowohl der Name des Duos "Sisters", als auch der Songtitel "Sister" anspielen.
"Im Prechorus haben wir eine ganz andere Textdichte, da war ich echt schockiert."
Der Prechorus setzt der einfachen Struktur des Liedanfangs eine Textdichte entgegen, die den Komponisten Klaus Kauker "echt schockiert" hat. Wo sie anfangs noch viermal atmen konnten, müssen die Sängerinnen jetzt im Prechorus mit einem Atemzug durch mehr Text durchkommen. Dadurch besteht die Gefahr, dass durch den fehlenden Atem Wortendungen nicht mehr so deutlich gesungen werden und der Text dadurch schwerer zu verstehen ist, sagt Klaus Kauker.
Kauker: "Der Song soll verzaubern, nicht nach Arbeit klingen"
Wenn die Zuschauer den Eindruck bekommen, dass die Sängerinnen "atemlos" durch den Text hasten, kann das Gefühl entstehen, dass das Singen des Songs für sie anstrengend ist und Arbeit bedeutet, sagt der Komponist. Das steht dem Gefühl entgegen, dass das Lied eigentlich bei uns erzeugen soll. Wir wollen entführt und verzaubert werden, sagt Klaus Kauker. Das schaffen die Sängerinnen nur, wenn sie diesen anspruchsvollen Part des Songs souverän abliefern.
"Jetzt muss es in einem durch gehen, es gibt überhaupt keine Pausen mehr und das führt auch dazu, dass man Schwierigkeiten hat, den Text zu verstehen und auch so die allerletzten Silben, die gehen fast ein bisschen unter, weil da vielleicht auch gar nicht mehr so viel Luft da ist."
Auch die Teile des Songs, die die Sängerinnen gleichzeitig in der gleichen Stimmlage, also unisono singen, stellen eine große Herausforderung dar, sagt der Komponist. Hier kommt er sehr darauf an, dass Rhythmus, Phrasierung und der englische Akzent exakt übereinstimmen, sonst erzeugt es beim Hörer ein ungutes Gefühl. Diese Schwierigkeit gut zu meistern, gelingt Sängern gut, die lange zusammengearbeitet haben. Das Duo "Sisters" gibt es erst seit Januar, das bedeutet, die beiden Sängerinnen hatten wenig Zeit, um sich aufeinander abzustimmen.
Mit einem Top-Ten-Platz für den deutschen Song rechnet der Komponist Klaus Kauker nicht, er sagt aber auch, dass der Eurovision Songcontest immer für eine Überraschung gut ist und er sich sehr freuen würde, wenn es es doch mit einer Top-Ten-Platzierung klappt.