Was dazu beiträgt, dass Fake News sich so stark verbreiten, ist leicht beantwortet, wir Menschen tun das, indem wir sie teilen. Eine Studie in den USA hat jetzt untersucht, was uns dazu bringen könnte, Falschnachrichten nicht zu teilen.

Für die Studie wurden die Probanden in zwei Gruppen aufgeteilt: zum einen in die 'Unbelehrbaren' und zum anderen in die 'Unachtsamen'. Zur Gruppe der Unbelehrbaren zählten all diejenigen, denen egal ist, ob eine Meldung wahr oder falsch ist. Sie teilen diese so oder so, weil sie ihrem Weltbild entspricht.

Es zeigte sich, dass die Unachtsamen Falschnachrichten verbreiten, weil sie nachlässig sind und sich keine Gedanken darüber machen, dass es faktisch falsch sein könnte, was sie teilen.

"Die Menschen denken sozusagen nicht zu Ende, obwohl sie im Grunde lieber wahrhaftige Nachrichten teilen als falsche."
Matthias Wurms, Deutschlandfunk Nova

Forschende entdecken einen Widerspruch

Viele der Befragten konnten recht gut unterscheiden, welche Nachrichten wahr und welche falsch sind. Das hatte aber kaum einen Effekt darauf, ob sie sie geteilt haben. Und das, obwohl die meisten Befragten gesagt haben, dass sie es wichtig finden, nur wahre Nachrichten zu teilen.

Wahrheitsgehalt ist nicht das einzige Kriterien, um Nachrichten zu teilen

Denn wenn wir uns dazu entscheiden, eine Nachricht zu teilen, spielt es für uns nicht nur eine Rolle, ob diese wahr oder falsch ist. Manchmal klicken wir auch auf 'Weiterleiten', weil wir uns innerhalb einer bestimmten Gruppe profilieren, eigene Follower zufriedenstellen oder einfach nur Aufmerksamkeit erregen wollen. Und es spielt auch eine Rolle, dass wir unsere eigene Meinung bestätigt sehen wollen.

In einem Experiment haben die Forschenden Twitter-Nachrichten an mehr als 5.000 User versendet, die ansonsten regelmäßig Nachrichten von einseitig rechtsgerichteten Online-Portalen wie Breitbart teilen. Die Personen haben eine private Nachricht mit der Bitte erhalten, dass sie den Wahrheitsgehalt einer nicht-politischen Überschrift beurteilen sollten.

Eine Erinnerung daran, dass auch Falschnachrichten kursieren, ändert das Verhalten

Dabei ging es den Studienleitern nicht um ein konkretes Thema, sondern nur darum, diese Twitter-Nutzer daran zu erinnern, dass auch Falschinformationen in Umlauf sind. Im Anschluss an diese Nachricht hat sich gezeigt, dass die User tatsächlich deutlich häufiger Nachrichten von sogenannter höherer Qualität geteilt haben.

Die Qualität einer Nachricht wurde dazu mithilfe eines Rankings eingeschätzt, das den sogenannten 'quality score' bestimmter Medien festlegt. Das heißt: Die New York Times wurde zum Beispiel höher eingestuft als Fox News oder gar Breitbart.

"Bitte schau dir genau an, ob das, was du liest, stimmt oder nicht!“
Eine mögliche Erinnerungsnachricht eines Bots, die uns auffordert den Wahrheitsgehalt von Nachrichten zu prüfen

Gewöhnungseffekt bei Erinnerungsnachrichten könnte eintreten

Die Forschenden haben verschiedene Vorschläge dafür, wie diese Erinnerungsnachrichten zu den Usern gelangen könnten. Sie könnten per Bot automatisiert über die Plattform als Direktnachricht an Nutzer verschickt werden.

Oder wir könnten als Privatperson selbst aus eigener Initiative heraus solche Nachrichten an Freundinnen, Bekannte und Familienangehörige senden. Eine dritte Möglichkeit: Jedes Mal, wenn wir uns auf einem unserer Social-Media-Accounts einloggen, könnte eine entsprechende Nachricht per Pop-up erscheinen.

Einige Expertinnen und Experten, die diese Studie kommentieren, wenden aber ein, dass diese Form der Benachrichtigung ihren Effekt verliert, sobald wir uns an sie gewöhnen.

Um diese Erinnerungsnachrichten langfristig einsetzen zu können, müsste man ihren Inhalt immer wieder variieren. Wenn dieses Kriterium erfüllt wäre, gehen Fachleute davon aus, dass diese Erinnerungen Einfluss darauf nehmen könnten, welche Nachrichten wir teilen.

Mehr zum Thema:

Diskussionskultur: Auf Verschwörungsmythen reagieren | Gespräch mit der Journalistin Ingrid Brodnig

Shownotes
Falschnachrichten
Warum wir Unwahres teilen, obwohl wir es besser wissen
vom 18. März 2021
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias Wurms, Deutschlandfunk Nova