Der Europäische Gerichtshof verhandelt ab über einen Fall, den drei Tunesier angeschoben haben. Sie fühlten sich auf der italienischen Insel Lampedusa ungerecht behandelt. Flüchtlinge mussten im Freien schlafen, es gab Auseinandersetzungen, überall schienen die Behörden überfordert - doch es hat sich einiges getan auf Lampedusa.

Das Aufnahmezentrum wurde komplett renoviert und saniert. Auch wenn es immer noch ein geschlossenes Zentrum ist, das Flüchtlinge nicht einfach so betreten oder verlassen können, bezeichnet unser Korrespondent Tilmann Kleinjung den Zustand heute als anständig. Außerdem würden Flüchtlinge heute viel schneller aus Festland gebracht.

"Richtig glücklich ist niemand mit den Hotspots für Flüchtlinge. Aber es hat dazu beigetragen, dass alle Flüchtlinge identifiziert werden."
Tilmann Kleinjung, Korrespondent in Italien

Auf Lampedusa leben die meisten Bewohner vom Tourismus und deshalb haben sie ein Problem damit, wenn die Insel in ganz Europa als Flüchtlingsinsel wahrgenommen wird. Doch die neue Bürgermeisterin Giuseppina Maria Nicolini fährt im Gegensatz zu ihrem Vorgänger eine andere Politik. Sie positioniert Lampedusa als Tor Europas - und hier soll jeder menschenwürdig aufgenommen werden. Ein Kurs, der bei der Bevölkerung deutlich besser ankommt, als die Abgrenzungspolitik der Berlusconi-Ära.

Die Politik hat sich gewandelt

In ganz Italien hat sich die Politik in der Flüchtlingsfrage gewandelt. 2011, das Jahr der skandalösen Zustände herrschten, die gerade in Straßburg verhandelt werden, regierte Silvio Berlusconi noch, der das Flüchtlingsthema komplett ignorierte. 2016 ist das anders: Die aktuelle Regierung Renzi versuche sich als Vorreiter in der Flüchtlingskrise zu inszenieren, sagt Tillmann Kleinjung.

Wie es wirklich in den Flüchtlingshotspots zugeht, ist allerdings schwer zu beurteilen. Journalisten und Hilfsorganisationen bekommen kaum Einblick. Die große Sorge vieler Beobachter: In den Hotspots könnte es nicht nur darum gehen, die Flüchtlinge zu identifizieren, sondern auch darum, zu entscheiden: Du darfst einen Asylantrag stellen und du nicht. Und das währe illegal, weil sich das Asylrecht von Land zu Land unterscheidet und niemanden verwehrt werden darf, einen Antrag auf Asyl zu stellen.

Shownotes
Flüchtlingskrise
Neue Zeiten auf Lampedusa
vom 22. Juni 2016
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Tilmann Kleinjung