Auch, wenn Spinat doch nicht so viel Eisen enthält, wie lange behauptet wurde: Er liefert jede Menge Vitamine und Mineralstoffe, Folsäure und Beta-Carotin. Und wenn Spinatblätter so unschuldig auf dem Küchentisch liegen, kann sich kaum jemand vorstellen, dass an den Vorwürfen was dran ist, die eine Forscherin der FU Berlin erhebt.

Ein Stoff im Spinat gehört auf die Dopingliste? So abwegig ist das gar nicht, sagt Tobias Jobke aus den Wissensnachrichten. Ein amerikanisches Forschungsteam hat entdeckt, dass bestimmte Substanzen im Spinat unsere Muskeln schneller wachsen lassen. Dabei geht es um Stoffe, die den menschlichen Steroidhormonen ähnlich sind, also Botenstoffen in unserem Körper.

Ecdysteron beschleunigt Kraftzuwachs

Maria Parr, Professorin für Pharmazeutische Chemie an der FU Berlin, wollte jetzt wissen, ob das sogenannte Ecdysteron Sportler wirklich leistungsfähiger machen kann. Dazu brauchte sie Spinatextrakt in sehr hoch konzentrierter Form. Die Professorin und ihr Team haben dafür etwa 50 Sportler Ecdysteron in Form von Kapseln schlucken lassen. Das Ergebnis war eindeutig: Bei der Gruppe, die den Wirkstoff genommen hatte, war der Kraftzuwachs nach zehn Wochen dreimal so groß, wie bei der Gruppe, die ein Scheinpräparat bekommen hatte.

"Was wir gesehen haben, ist ein Kraftzuwachs bei denjenigen, die Ecdysteron zusätzlich zum Trainieren eingesetzt haben, der größer war, als bei allen anderen."
Maria Parr, Professorin für Pharmazeutische Chemie an der FU Berlin

Als Konsequenz soll Ecdysteron jetzt auf die Dopingliste, fordert die Forscherin. Sie sagt selbst, sie habe mit einer Leistungssteigerung gerechnet, aber nicht mit einer so großen. Und genau deswegen sei es jetzt an der Zeit, zu handeln.

"Wir haben der Wada in unserem Projektbericht empfohlen, die Substanz in die Dopingliste zu integrieren. Wenn es leistungssteigernd wirkt, sind wir schon der Meinung, dass man diesen unfairen Vorteil eliminieren sollte."
Maria Parr, Professorin für Pharmazeutische Chemie an der FU Berlin

Die Entscheidung liegt jetzt bei den Experten der Welt-Antidoping-Agentur Wada. Die wollen aber erst noch weitere Untersuchungen abwarten.

Bleibt die Frage, ob Sportler jemals mit diesem Stoff aus Spinat gedopt haben. Die Wirkung von Ecdysteron auf das Muskelwachstum ist schon seit Längerem nachgewiesen. Die Forscherin sagt, im russischen Sport sei es eingesetzt worden, die Rede ist vom "Russian Secret". Um das zu belegen, müsste der Stoff aber erst mal auf die Dopingliste, damit Sportler auf die Substanz getestet werden können.

Ecdysteron-Kapseln gibt es im Internet

An den Stoff zu kommen, ist bislang kein Problem: Die Kapseln hat das Forschungsteam im Internet bestellt. Dort gibt es etwa Nahrungsergänzungsmittel mit Ecdysteron, die mehr Kraft, Muskeln und schnellere Erholung versprechen. Einfach nur die Kapseln schlucken, bringt allerdings nichts, Nachwuchs-Popeyes müssen auch trainieren.

Wer auf Nahrungsergänzungsmittel verzichten und mit klassischem Spinat eine ähnliche Wirkung erzielen will, muss sich auf eine ziemlich einseitige Diät einstellen: Zehn Wochen lang jeden Tag zwischen 250 Gramm und vier Kilo rohen Blattspinat stünden dann auf dem Speiseplan – je nachdem, wann der Spinat geerntet wurde.

Korrektur:

In einer früheren Version dieses Textes war zu lesen, Spinat gehöre auf die Dopingliste. Wir haben uns entschlossen, das zu präzisieren: Es geht um einen konkreten Stoff, der aus Spinat gewonnen wird: Ecdysteron. Wir haben das im Text angepasst.

Shownotes
Sport
Substanz im Spinat wirkt wie Doping
vom 25. Juni 2019
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Tobias Jobke, Wissensnachrichten