Nach den Krawallen beim G20-Gipfel wurden bislang zwei Urteile gegen Demonstranten gesprochen. Der Strafverteidiger Udo Vetter hält beide Urteile für nicht verhältnismäßig. Sie schaden dem Rechtsstaat, sagt er.

Ein 21-jähriger Niederländer wurde am 28. August unter anderem wegen Landfriedensbruch zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Damit ging der Richter über das Strafmaß hinaus, das die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Der Niederländer soll Flaschen auf einen Polizisten geworfen und sich gegen seine Festnahme gewehrt haben.

Der Strafverteidiger Udo Vetter; Foto: dpa
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Der Strafverteidiger Udo Vetter kritisiert an den Urteilen, dass sie keineswegs verhältnismäßig sind.

Einen Tag später, am 29. August, wurde ein 24-jähriger Pole zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. In seinem Rucksack hatten Polizisten während einer Kontrolle unter anderem sieben Böller und ein Pfefferspray gefunden. Verurteilt wurde er nun wegen Verstoßes gegen das Sprengstoff- und Waffengesetz sowie das Versammlungsgesetz.

"Diese Urteile sind aus meiner Sicht keineswegs verhältnismäßig", sagt der Strafverteidiger Udo Vetter. Die Urteile haben aus seiner Sicht keine Grundlage.

"Diese Urteile nutzen dem Rechtsstaat nicht, sie schaden ihm mehr."

Der Jurist, der über Rechtsthemen bloggt, geht davon aus, dass die Urteile in den nächsten Instanzen nicht bestehen werden. "Es geht nicht darum, dass Fälle des Landfriedensbruch nicht bestraft werden können und sollen, aber die gesetzlichen Regeln der Strafzumessung müssen eingehalten werden", sagt Udo Vetter. Ein Urteil soll eben die Tat quasi abbilden und deshalb zu einer angemessenen Strafe kommen.

"Ich gehe davon aus, dass die nächsten Instanzen hier erhebliche Fehler in der Strafzumessung feststellen werden."

Laut Medienberichten wollen die Innen- und Justizminister der Union den Straftatbestand des Landfriedensbruch erweitern. Künftig sollen auch die bestraft werden können, die Angreifern Schutz in der Menge bieten.

Da steckt viel Wahlkampf drin

"Ich empfehle den Innenministern weniger Wahlkampf zu betreiben und ab und zu mal in das Strafgesetzbuch zu gucken", sagt Udo Vetter. Die Forderung der Politiker sei überflüssig, denn solch eine Handlung ist bereits strafbar, so Udo Vetter. "Aktives Handeln, dazu gehört auch das Bilden einer Menschenkette, um zum Beispiel Polizisten das Durchkommen zu verwehren, ist heute bereits strafbar", so der Jurist.

Jetzt solle die bloße Anwesenheit, das Nichtstun, strafbar werden. Das hält Menschen davon ab, überhaupt zu Demonstrationen zu gehen aus Angst in eine blöde Situation zu geraten - ohne Absicht.

Shownotes
Prozesse nach G20-Gipfel
Udo Vetter: Urteile gegen G20-Demonstranten nicht verhältnismäßig
vom 30. August 2017
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Udo Vetter, Strafverteidiger