Links gegen rechts, wir gegen die – und keiner hört mehr zu? Eine Studie der Uni Trier und der Open University of Israel zeigt: Feindbilder ab- und dafür Verständnis aufbauen ist möglich, unter anderem mit Ansätzen aus der Versöhnungsforschung. Wie wir das schaffen könnten.
Die Politik scheint seit jeher von diesen Gegensätzen zu leben: links gegen rechts, konservativ gegen progressiv, in den USA: Demokraten gegen Republikaner. Das ist an sich nicht schlimm, in einer Demokratie sogar gewollt und gewünscht. Doch was ist zu tun, wenn aus gegensätzlichen verhärtete, scheinbar unüberwindbare Positionen werden?
Lernen jemanden zu mögen, trotz politischer Differenzen
Auf diese Fragen wollten zwei Forscherinnen von der Uni Trier und der Open University of Israel Antworten finden. Sie führten eine Studie durch mit dem Ziel, Menschen aus einem anderen politischen Lager wieder in einem menschlicheren Licht zu sehen, erklärt Jan Bungartz aus den Deutschlandfunk Nova Nachrichten. Er hat sich mit den im Social Psychological and Personality Science veröffentlichen Forschungsergebnissen beschäftigt.
"Es ging darum, wie die Einteilung von 'wir, die Guten' und 'die, die Bösen' aufgebrochen werden könnte."
Jan Bungartz erklärt: Die beiden Forscherinnen haben nach psychologischen Tools umgeguckt und sind dabei insbesondere auf die Versöhnungsforschung gestoßen. Die wird in Gesellschaften angewandt, die Bürgerkriegserfahrungen haben.
Feindbilder leben von Emotionen
Eine wichtige Erkenntnis aus diesem Ansatz ist, so Jan Bungartz, dass Feindbilder auf starken Emotionen und Gefühlen basieren. Die Aufteilung ist simpel: Die Gruppe, der man selbst angehört, gilt als positiv, die "der Anderen" als negativ.
Für ihre Studie haben die Wissenschaftlerinnen Proband*innen in den USA gesucht, die entweder Anhänger*innen der Republikanischen oder Demokratischen Partei sind. In dem mehrteiligen Experiment wurden die Teilnehmenden mit fiktiven Parteimitgliedern beider Seiten konfrontiert. Sie bekamen Bilder von Republikaner*innen und Demokrat*innen vorgelegt, die einen neutralen bis entspannten Gesichtsausdruck hatten.
Zu jeder Person gab es außerdem fiktive Informationen. Bei manchen ging es eher um private Sachen, wie: "singt gerne bei Songs mit" oder "geht gern chinesisch essen". Andere wiederum waren moralisch aufgeladen, wie: "hat mal sein Leben riskiert, um ein Tier aus einem brennenden Haus zu retten" oder "hat einem Kollegen eine Niere gespendet". Schließlich gab es auch negative Informationen zu einer Person, wie: "hat mal ein Gemeindezentrum angezündet".
Was, wenn wir etwas Positives über das "verhasste" Gegenüber erfahren?
Interessiert haben die Forscherinnen sich vor allem dafür, wie die Proband*innen reagierten, wenn sie Negatives über Personen aus "ihrer" Partei hörten und wenn sie Positives oder Sympathisches über die Gegenseite hörten, sagt Jan Bungartz.
Das Ergebnis der Studie ist eindeutig: Das bedingungslose Wir-Gefühl für die eigene Gruppe wurde abgeschwächt und die Offenheit gegenüber der anderen Seite erhöht. Der Effekt hielt auch an – zumindest zwei Tage lang. Zu dem Zeitpunkt wurden die Sympathiewerte nämlich noch mal abgefragt.
"Für die Forscherinnen steht fest: Emotionale Polarisierung kann man angehen und in Richtung weniger Spaltung beeinflussen."
Für die Forscherinnen ergeben sich aus ihrer Studie mehrere Handlungsaufträge an:
- Politikerinnen: Sie könnten nach harten Wahlkämpfen politische Gegner bewusst positiv darstellen, um sich nach der Konfrontation auch wieder anzunähern.
- Schulen: Sie sollten die gemeinsamen Werte aller in den Vordergrund rücken.
- Medien: Sie sollten reflektieren, wie sie über politische Konflikte berichten.