Einfach mal bei der Chefin klopfen und mehr Geld fordern? 40 Prozent der Deutschen haben noch nie nach einer Gehaltserhöhung gefragt. Sollten sie aber! Es kommt allerdings auf den richtigen Zeitpunkt und die Kommunikation an.
Egal ob Festanstellung, Minijob oder Tarifvertrag: Wir können immer über unser Gehalt verhandeln. Einen gewissen Spielraum gibt es in jedem Job, sagt Julia Bayer. Sie ist Karrierecoach und Mentorin und leitet eine Personalabteilung.
"Ganz wichtig: Niemals unvorbereitet und zwischen Tür und Angel ein Verhandlungsgespräch führen."
Grundsätzlich gilt, dass wir Gehaltsverhandlungen nicht spontan, unangekündigt oder zwischen zwei Meetings ansprechen sollten. Wichtig ist, sich darauf vorzubereiten und tatsächlich daran zu glauben, dass einem die Gehaltserhöhung zusteht, meint Julia Bayer.
Fragen kostet nichts
Gerade bei Nachverhandlungen sollten wir uns vorher genau überlegen, was wir bereits in unserer Arbeit für das Unternehmen geleistet haben und warum wir eine Gehaltserhöhung verdient haben – das ist die wichtigste Verhandlungsgrundlage.
"Mein Chef hat meine Gehaltsforderung akzeptiert, aber im Laufe meines Minijobs habe ich herausgefunden, dass die anderen mehr verdienten als ich. Daraufhin sagte mein Chef, dass er mir auch einen höheren Betrag gezahlt hätte, wenn ich den gefordert hätte."
Außerdem sollten wir uns aus verschiedenen Quellen drüber informieren, welches Gehalt im konkreten Job üblich ist. Dafür können wir Kolleg*innen befragen oder auf Portalen wie Glassdoor oder Stepstone recherchieren. Die Expertin rät dazu, sich niemals nur auf eine Quelle zu verlassen, sondern viele unterschiedliche Quellen heranzuziehen. Denn steigen wir direkt zu hoch oder zu tief in die Gehaltsverhandlung ein, sind die Erfolgschancen gering.
Die eigenen Qualifikationen ins Spiel bringen
Den eigenen Wert für das Unternehmen herauszustellen, ist auch bei Berufseinsteiger*innen und Menschen wichtig, die sich auf einen Minijob bewerben. Denn egal, welchen Job wir ausüben - grundsätzlich gibt es immer die Möglichkeit zu verhandeln.
"Welche Qualifikationen habe ich in meinem Studium oder meiner Ausbildung erworben? Habe ich vielleicht ein Ehrenamt gemacht? Wie könnte das dem Unternehmen nützlich sein?"
Auch bei Tarifverträgen gibt es einen gewissen Spielraum zur Verhandlung innerhalb der einzelnen Tarifstufen – oder man fordert im größeren Stil direkt Änderungen im Tarifvertrag. Das allerdings geht nur zusammen mit den Gewerkschaften.
Der Verdi-Jugend-Vorsitzende Kai Rainitz sagt: Vom Tarifvertrag profitieren vor allem diejenigen, die auf dem Arbeitsmarkt Diskriminierung erfahren, also zum Beispiel wegen des Geschlechts, der Herkunft oder dem Alter.
Nicht unterkriegen lassen
In der Praxis kann es natürlich sein, dass eine Gehaltserhöhung trotz guter Leistungen und einem angemessen Gehaltsvorschlag abgelehnt wird. Die Expertin rät dazu, für so einen Fall gleich noch mit einer Alternative ins Gespräch zu gehen: Wenn nicht mehr Geld drin ist, klappt es ja vielleicht mit mehr Urlaubstagen oder einem verfrühten Feierabend am Freitag.
Außerdem sollten wir uns auch bei einer Niederlage nicht unterkriegen lassen. Lieber in drei bis vier Monaten noch mal nachfragen. Und wenn es dann immer noch nichts wird, eventuell über einen Wechsel des Arbeitgebers nachdenken.