Die Smartphonebank N26 ist beliebt, weil sich Bankgeschäfte bequem übers Handy abwickeln lassen. Das Problem: Betrüger können die Konten sehr leicht kapern.
Mehrere Hundert Konten der Berliner Start-up-Bank N26 sind von den Betrügereien betroffen. Das haben Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung ergeben. Peter Hornung gehört zum Recherche-Team des NDR. Er erklärt, wie die Betrüger vorgehen. Eine wichtige Rolle spielen dabei Fakeshops im Netz oder betrügerische Ebay-Konten.
Das Verbraucherschutzforum auktionshilfe.info hat den Journalisten eine Liste der Shops und Konten zur Verfügung gestellt. Über Internetwerbung sind die Betrüger an die Identität und die Konten gelangt.
Vermeintliche Marktforschungsfirmen klauen Identität
Ein Beispiel ist der Fall eines Mannes aus Bayern, der sich bei einer Marktforschungsfirma als Produkttester gemeldet hat. Er sollte testen, wie gut das Identifikationsverfahren per Videochat bei N26 funktioniert. Durch seinen vermeintlichen Testanruf eröffnete er aber nicht nur testweise ein Konto, sondern tatsächlich. Das Marktforschungsunternehmen war nur eine Scheinfirma. Die mutmaßlichen Betrüger übernahmen das angebliche Testkonto und wickelten darüber kriminelle Geschäfte ab.
Zu wenig Kontrolle bei N26
Der Mann ahnte, dass etwas nicht stimmte, konnte aber bei N26 zwei Wochen lang niemanden erreichen. Erst auf Anfrage der Journalisten reagierte die Bank und teilte dem Mann mit, dass sein Konto gesperrt wurde. In der Zwischenzeit wurde ein Kunde bei einer anderen Bank geprellt, die die Überweisungssumme wieder zurückforderte.
So ist es den Betrügern gelungen, die Konten einige Tage bis zu einigen Wochen zu nutzen, um damit Geld aus ihren betrügerischen Geschäften zu waschen. N26 wirbt damit, dass in acht Minuten ein Konto eröffnet werden kann. Das begünstige den Betrug, sagt Peter Hornung. Nach der Kontoeröffnung schaue die Bank nicht mehr richtig hin, was auf dem Konto passiere.
"Im Darnket machen sich die Leute, die mit den Konten handeln, lustig über die Berichterstattung: "400 Konten. Ich habe allein 50 Kumpel, von denen hat jeder 100 Konten." Wir müssen davon ausgehen, dass wir nur die Spitze des Eisbergs entdeckt haben."
Solche Konten werden unter den mutmaßlichen Kriminellen für wenige Hundert Euro gehandelt und wechseln so mehrfach den "Besitzer". Gehandelt werden sie im Darknet, erklärt der Journalist Peter Hornung. Das Recherche-Team hat zwar 400 betroffene Konten ermittelt, die Dunkelziffer sei aber viel größer, sagt er.
"Wenn die Bank das richtig beobachtet, was auf dem Konto vor sich geht, dann ist dieser Betrug eigentlich sehr schwer."
Obwohl die vermeintlichen Kontoinhaber mutmaßlich selbst betrogen wurden, könnten ihnen Verfahren wegen leichtfertiger Geldwäsche und Zivilklage von den betrogenen Kunden der Online-Fakeshops drohen.
Betrogene als Straftäter
Denn was mit seinem Konto passiert ist, ist eine Straftat. Der einzige Name, der in dem Betrugsfall auftaucht, ist der des Kontoinhabers. Über solche Konten gehen 15.000 bis zu 50.000 Euro innerhalb weniger Tage, sagt Peter Hornung.
Gehyptes Start-up N26
N26 gilt als sogenanntes Unicorn unter Start-ups, weil es innerhalb kürzester Zeit Millionen Kunden gewonnen hat. Wagniskapitalgeber haben 260 Millionen Euro in die Berliner Bank investiert. Anfang Januar wurde sie mit 2,3 Milliarden Euro bewertet. Die Geldwäsche über gekaperte Konten betrifft nicht nur N26, doch deren Konten sind besonders beliebt unter den Onlinebetrügern.
Die Smartphonebank scheint ein Problem damit zu haben, schnell Betrugsfälle zu erkennen und etwas dagegen zu tun. Das hat sie auch gegenüber den Journalisten eingeräumt, sagt Peter Hornung.
Die Finanzaufsicht Bafin hat N26 wegen verschiedener Probleme angemahnt. 2018 stellte die Bafin Mängel bei der Personalausstattung, dem Management ausgelagerter Aufgaben und der Technik fest. Die Bafin drohte sogar mit Deckelung der Einlagen, sollte N26 die Missstände nicht beheben.
N26 ergreift Maßnahmen
Die Bank wolle jetzt ihre Prozesse verbessern, berichtet Peter Hornung. Seit drei Wochen versichere die Bank im Chat, dass es sich nicht um einen Test-Chat handele. Falls die Person für einen Produkttest angeheuert wurde, solle sie aufpassen, da es sich nicht um einen solchen handeln könne.
Außerdem würden sie jetzt Künstliche Intelligenz einsetzen, um Betrugsmuster zu erkennen und sofort zu reagieren.
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