Die Krisen häufen sich. Was macht das mit den eigenen Zukunftsplänen? Simon Schnetzer erforscht die Generation Z. Leon und Selin erzählen, wie sie auf die Zukunft blicken.
Sie sind zwischen 1997 und 2007 geboren, sind überwiegend Single und befinden sich derzeit vor allem in einer Phase der Orientierung: die Generation Z. Der Unterschied zu älteren Generationen liegt weniger in dem, was sie wollen, sondern darin, dass sie ihre Rechte stärker einfordern. Das sagt Jugendforscher Simon Schnetzer. Seit 2008 erforscht er die Sorgen, Ängste und Wünsche der Generation Z.
"Wenn wir auf die Krisen blicken, haben wir nicht das Gefühl, sie kommen und gehen, sondern sie überlagern sich."
Vor allem ein Gefühl verbindet die Generation Z mit der Zukunft: Angst. Denn durch die globalen Krisen befinden sich viele von ihnen im Dauerkrisenmodus, sagt der Forscher. In der Trendstudie "Jugend in Deutschland" untersucht Simon Schnetzer, welche Faktoren die Psyche junger Menschen besonders belasten.
In der Studie habe sich gezeigt, dass während der Coronapandemie viele angegeben haben, dass sich ihr psychischer Zustand verschlechtert habe. Dieser habe sich zum Sommer wieder verbessert, als es weniger Beschränkungen gab.
Stress ist der Hauptfaktor
Es ist vor allem Stress, der die junge Generation prägt, fasst der Forscher zusammen. Allerdings würden viele weitere Faktoren hinzukommen, die die Psyche beeinflussen. Dazu zähle etwa die Nutzung von Smartphones und Apps, die dazu führten, dass junge Menschen ihr Leben ständig mit anderen vergleichen. Viele haben außerdem angegeben, dass sie sich hilflos und ständig überfordert fühlen.
Trotzdem sei der persönliche Perspektive bei vielen optimistisch. Viele gingen davon aus, dass es sich für sie trotz Krisen zum Guten wenden könnte. Es sei eher der gesamtgesellschaftliche Blick, der eher pessimistisch ausfalle. Die Krisen scheinen mehr zu werden – und anstatt sich abzulösen, überlagern sie sich.
"Ein junger Mensch, der auf die letzten drei Jahre zurücksieht und findet, er habe die beste Zeit seiner Jugend verpasst, sagt zu Recht: Ich will die Dinge nachholen und nicht nur arbeiten."
Ein Trend der sich außerdem bei vielen der Generation Z abzeichne: Die wenigsten streben eine Karriere in einem Vollzeitjob an. Simon Schnetzer sagt, das liegt zu einem großen Teil an den Erfahrungen durch die Pandemie. Denn viele von ihnen glaubten nicht mehr daran, wenn sie heute ihre gesamte Zeit und ihre finanziellen Mittel in einen Vollzeitjob und ein gutes Studium investieren, dass sie später davon profitieren können. Statt der Zukunft liege die Gegenwart im Fokus der Gestaltung. Deswegen sehen sich viele in Teilzeitjobs, um genug Zeit für die Dinge zu haben, die ihnen wichtig sind.
Jungen Menschen ihre Gestaltungsfähigkeit zurückgeben
Es sei auch diese Erfahrung, die viele junge Menschen dazu bringe, größere Forderungen bei Arbeitgeber*innen zu stellen. Denn sie haben das Gefühl, nicht viel verlieren zu können, sagt der Jugendforscher. Schließlich herrscht Fachkräftemangel und außerdem weiß die Generation Z durch die Nutzung sozialer Medien, wie sie sich am besten selbst darstellen muss. Sie haben Zugriff zu Informationen und Vergleiche und wissen, was sie fordern können.
Simon Schnetzer findet, dass die Generation wieder mehr eingebunden werden muss. In der Pandemie wurde sie vor vollendete Tatsachen gestellt und hatte keine Möglichkeit mitzugestalten. Minijobs waren weg, die Unis geschlossen, die Strukturen weg. Das habe bei vielen ein Gefühl der Ohnmacht ausgelöst. Es sei Zeit, der Generation wieder zu vermitteln, dass sie die Zukunft mitgestalten könne.
"Ich wünsche mir, dass Arbeit so human wie möglich ist. Das heißt, ich möchte nebenbei noch genug Zeit für mich haben."
Selin und Leon gehören zur Generation Z – und können viele der Gefühle und Ängste teilen. Selin studiert derzeit Kunstvermittlung und Kulturmanagment im Master. Leon ist im fünften Semester und zurzeit im Auslandssemester in Madrid. Wie es nach dem Studium weitergeht, ist für beide ungewiss. Während Selin mit Sorge darauf blickt, ob sie einen Job in ihrem Bereich finden wird, soll für Leon Arbeit generell eher eine untergeordnete Rolle spielen. Er möchte lieber weniger arbeiten und dafür mehr Zeit für sich, seine Freunde und seine Familie haben.
Generation Z: Von wegen anspruchsvoll
Zusätzlich zu ihrem Studium haben beide viele verschiedene Minijobs gemacht und in den Semesterferien Praktika absolviert. Auch in ihrem sozialen Umfeld haben sie den Eindruck, dass eine große Bereitschaft da ist, auch in weniger erfüllenden Jobs zu arbeiten, wenn das Gehalt stimmt oder sich dadurch andere Möglichkeiten ergeben könnten. Sie finden, dass die Generation Z eher wenige Ansprüche stellt und vieles mitmacht.
"Die Pandemie hat mich spontaner werden lassen. Ich habe viele Dinge gemacht, die ich vorher aufgeschoben hatte aus Angst, da steht eine neue Pandemie vor der Tür, die wieder alles unmöglich macht."
Die globalen Krisen hinterlassen bei Selin und Leon Spuren und beeinflussen sie in ihren Lebensentscheidungen. Für Selin ist zum Beispiel klar: Sie will keine Kinder in eine so krisenbehaftete Welt setzen. Vor allem die Klimakrise ist für sie ein Grund, keine Kinder zu bekommen. Für die Zukunft würde sie sich wünschen, später erfolgreich, single und glücklich zu sein.
Leons Zukunftsentwurf ist ein wenig anders. Ihn hat die Coronapandemie dazu angespornt, vor allem den Dingen nachzugehen, die in der Zeit nicht möglich waren: Reisen, feiern und Freunde besuchen. Ihn hat das spontaner gemacht, sagt er. In der Zukunft sieht er sich weniger erfolgreich in einem Job arbeiten, als eher mit einem Partner gemeinsam Kinder zu adoptieren und sich um sie zu kümmern.
Wann sich Selin und Leon vor allem als Teil der Generation Z fühlen, hört ihr in der Ab 21.
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