Viel einzahlen, wenig rausbekommen: Für junge Menschen ist das aktuelle Rentensystem kein guter Deal. Die Pläne von Union und SPD bringen nur kleine Änderungen, keine große Reform. Jonas Hohenforst, 23, findet das ungerecht und sagt, wie es besser gehen könnte.
Jede*r von uns hat wahrscheinlich schon mal diesen Spruch gehört oder ihn selbst gesagt: Rente kriege ich doch eh keine. Das so pauschal zu sagen ist übertrieben, meint Minh Thu Tran. Die Deutschlandfunk-Nova-Reporterin hat sich mit dem Thema Rente vor allem im Hinblick auf diejenigen beschäftigt, die heute 20, 30 und 40 Jahre alt sind, also diejenigen, die noch ganz schön lange ackern müssen, um mit 67 (oder später) in Rente gehen zu können.
Das Rentenkonzept funktioniert nur, wenn die Geburtenrate nicht sinkt
"Wenn du einen Job hast, regelmäßig in die Rentenkasse einzahlst, dann kriegst du eine staatliche Rente", erklärt Minh Thu Tran und verweist auf den Brief, den die Rentenkasse regelmäßig verschickt. "Da steht er drauf, was man an Rente bekommen wird." Allerdings dürfte der Betrag später nicht ganz so hoch sein, weil da unter Umständen noch Steuern, Inflation und weitere Abgaben runterkommen. Das heißt, im Zweifel bleibt dann nicht ganz so viel übrig.
Auch wenn schon jetzt viele Menschen von Altersarmut betroffen sind, das Problem wird krass werden, darüber sind sich Expert*innen einig. Denn das deutsche Rentensystem basiert darauf, dass es genug Menschen gibt, die als Arbeitnehmer*innen in die Rentenkasse einzahlen, aus der die aktuell fälligen Renten finanziert werden. Doch der demografische Wandel macht dem Konzept einen Strich durch die Rechnung, erklärt Minh Thu Tran. Denn in Deutschland werden die jungen Menschen nicht mehr, sondern weniger. Im Gegenzug wird es mehr alte Menschen geben, die einen Anspruch auf Rente haben.
"Jüngeren Menschen werden immer mehr einzahlen müssen, um das Rentensystem aufrecht zu erhalten."
Die Kritik, die sich daraus ableitet, lautet: Die Lasten zwischen den Generationen, grob gesagt zwischen Jung und Alt, sind in Deutschland nicht gerecht verteilt. Jonas Hohenforst von der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen setzt sich dafür ein, dass sich das ändert.
"Finanzwissen und ökonomisches Wissen halte ich für ganz wichtig, um zu verstehen, wie das Rentensystem funktioniert."
"Ich hatte Glück, in das Thema reinzustolpern", erzählt der 23-Jährige. Denn sonst wäre es ihm womöglich so gegangenen wie vielen seiner Freund*innen und Kommiliton*innen. Wenn er mit ihnen über die Rente sprechen will, sind die meisten zwar interessiert, sagt Jonas Hohenforst, und doch scheint für die meisten das Thema weit weg. Und so ganz den Durchblick haben die meisten auch nicht. Das meint Joans gar nicht abfällig. "Wir lernen einfach alle viel zu wenig über das Thema", beklagt er. Bei ihm sei das nicht anders gewesen, bis er sich selbst in das Thema reingefuchst hat.
Düstere Aussichten für Millennials und Gen Z
Die Lage ist für Millennials und die Gen Z in Sachen staatliche Rente also wirklich ernst. Es wird wegen der niedrigen Geburtenrate weniger Arbeitnehmer*innen, die in die Rentenkasse einzahlen.
"Sorgt vor, legt Geld zurück. Das ist die eine Sache, die ich allen raten kann."
Gleichzeitig werden die Sozialabgaben in den nächsten Jahren steigen, was nichts anderes bedeutet als: Das Nettogehalt wird immer mehr schrumpfen. Laut einer Berechnung der Ruhr-Uni Bochum werden 2050 50 Prozent unseres Bruttogehalts für Sozialleistungen draufgehen plus Steuern. Mit anderen Worten: Mehr als die Hälfte des Lohns, den wir erarbeitet haben, wird gleich wieder abgezogen.
So gesehen wäre es höchste Zeit für die Politik, etwas an diesem Rentensystem zu verändern. Tatsächlich hat die kommende Regierung unter Union und SPD im Koalitionsvertrag wichtige Punkte zur Rente festgehalten. Doch die kommen mit einem Disclaimer, erklärt Minh Thu Tran. "Zwar soll das Rentenniveau gehalten werden, allerdings gelte das bis 2031." Es ist also eine Garantie für diejenigen, die in den kommenden Jahren in Rente gehen. Doch Idee, wie die Rente für die heute 20-, 30-, 40-Jährigen gesichert werden kann, sodass sie im Alter einigermaßen gut leben können, gibt es nicht. Jonas Hohenforst nennt das ganz klar "eine verpasste Chance."
Wie Generationengerechtigkeit aussehen könnte
Als Botschafter der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen sieht er folgende Optionen, die die Politik ernsthaft in Erwägung ziehen sollte, damit die Jüngeren weniger belastet werden:
- Renteneintrittsalter, das jetzt bei 67 liegt, sollte schrittweise erhöht werden
- Renten nur bedingt steigen lassen, damit die Beiträge für Arbeitnehmer*innen nicht zu sehr steigen
- private Absicherung fördern
- mehr Wissensvermittlung über Rente und Finanzen
Andere Länder mit alternder Bevölkerung haben ähnliche Problem wie Deutschland. Sie gehen das Thema auf diese Weise an: In Österreich zahlen inzwischen Beamt*innen in die Rentenkasse ein. In Japan, das die älteste Bevölkerung der Welt hat, arbeiten Menschen oft viel länger als bis Mitte 60. Schweden wiederum setzt seit Jahren auf die sogenannte aktienbasierte Rente. Natürlich lassen sich diese Lösungen nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen, dennoch steht fest, eine Reform ist mehr als überfällig. Andererseits wird es, und das sind sich Jonas Hohenforst und Minh Thu Tran einig, könnte das System crashen – und zwar mit Ansage.
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