Konversionstherapien, die Homosexuelle "umpolen" wollen, verursachen oft schweres Leid. Das soll jetzt gesetzlich verboten werden – vor allem für Minderjährige darf es solche Angebote nicht mehr geben. Bei Erwachsenen gibt es Ausnahmen. Wer künftig gegen das Gesetz verstößt, muss mit einer Freiheitsstrafe oder hohen Bußgeldern rechnen.
Lichttherapie, Elektroschocks, Gebete und Exorzismus – nicht nur in den konservativen Gegenden der USA sind Konversionstherapien verbreitet. Auch in Deutschland gibt es solche Angebote, die angeblich aus einem Schwulen oder einer Lesbe einen heterosexuellen Menschen machen sollen. Dagegen will jetzt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gesetzlich vorgehen. Künftig sollen Konversionstherapien für Minderjährige verboten sein. Es gibt aber eine Ausnahme: Jugendliche ab 16 Jahren, die über die nötige "Einsichtsfähigkeit in Bedeutung und Tragweite der Entscheidung" verfügen, sollen von dem Verbot ausgenommen werden.
Rund 1000 Mal pro Jahr – so schätzen Experten – wird in Deutschland versucht, die Sexualität einer Person "umzupolen" – mit Gesprächen, Therapiesitzungen, aber auch mit Lichttherapie oder Gebeten. Die Magnus-Hirschfeld-Stiftung bezeichnet die Methoden in einem Bericht als "fragwürdige, gesundheitsgefährdende Veränderungs- und Unterdrückungsbehandlungen."
"Homosexualität ist keine Krankheit"
Wissenschaftlich wurde längst bewiesen: Die sexuelle Orientierung kann nicht dauerhaft verändert werden. Das sagen auch die Weltgesundheitsorganisation und die Bundesärztekammer. Die Magnus-Hirschfeld-Stiftung betont außerdem, dass Konversionstherapien gefährlich sein können. Depressionen, Angst, Suizidalität, sexuelle Probleme und Beziehungsprobleme könnten die Folge sein.
Undercover beim Schwulen-Heiler
Timm Giesbers sagt: "Das ist totaler Quatsch!" Giesbers ist Journalist, schwul, und happy damit. Er wollte wissen, wie eine Konversionstherapie abläuft. Wer bietet das überhaupt an? Und was passiert da hinter geschlossenen Türen? Für das Format "reporter" von Funk hat er sich undercover von Schwulen-Heilern beraten lassen.
"Ich habe einfach Mails abgeschickt, meine Situation erklärt, mir eine kleine Fake-Story ausgedacht, in der ich eben gesagt habe, dass ich unglücklich bin damit, dass ich schwul bin. Und dann wurde ich sofort zu Gesprächen eingeladen."
Bei seiner Recherche ist er auf verschiedene konservative und religiöse Vereine gestoßen, die besonders aktiv sind: "Wüstenstrom" und "Weißes Kreuz". Beide Vereine werden seit längerem kritisiert, sogenannte Konversionstherapien für Homosexuelle anzubieten und durchzuführen. Beide Vereine streiten das gegenüber Funk jedoch ab.
"Niemand von denen hatte eine wirkliche Zulassung – auch wenn das von außen nicht so richtig ersichtlich war"
Auch wenn nicht mit dem Begriff "Konversiontherapie" geworben wird, war für Timm schnell klar: das Ziel der Gespräche ist, ihn umzupolen. Ihm wird immer wieder vermittelt, ein homosexueller Mann sei kein richtiger Mann, erzählt er.
"Niemand war ein Therapeut"
Timm sucht die Vereine auf, führt Gespräche mit vermeintlichen Therapeuten. Doch niemand war ein Therapeut, auch wenn das von außen nicht ersichtlich war, erzählt er. In den Gesprächen wurde dann als erstes nach der Ursache für seine Homosexualität gesucht. Eine schwierige Beziehung mit dem Vater sei eine häufige Erklärung in Konversionstherapien, sagt Timm Giesbers.
"Es wurde vor allem nach der Ursache meiner Homosexualität gesucht. Die gehen nämlich davon aus, dass der Grund meistens in der Kindheit liegt."
Danach werden ihm praktische Tipps mitgegeben – Tipps, wie er schneller heterosexuell werden könnte. Das sei eigentlich ganz einfach:
"Zum Beispiel sollte ich mir mehr heterosexuelle Freunde als Vorbilder suchen und ich soll einfach Sex mit Frauen haben."
Auch wenn sich Timm Giesbers ein generelles Verbot von Konversionstherapien gewünscht hätte, ist der Gesetzentwurf von Jens Spahn ein Anfang, sagt er. Das Gesetz sei ein wichtiges "gesellschaftliches Signal".
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