Es tut uns gut, dennoch halten wir es oft für überflüssig: Schlafen. Dabei ist Schlafen für uns lebenswichtig. Wer zu wenig davon abbekommt, den lässt es der eigene Körper spüren. Bei Schlafmangel können wir uns schlechter konzentrieren – und im Extremfall fühlen wir uns wie betrunken.

91 Stunden und 45 Minuten – so lange hat der längste EU-Gipfel aller Zeiten gedauert, der am 21. Juli zu Ende gegangen ist. Für die Politikerinnen hat das bedeutet: viel reden, zuhören, denken – und wenig schlafen. Doch kann der Mensch überhaupt noch klar denken, wenn er so lange wach bleibt? Nein, sagt Christine Blume. Sie ist Schlafforscherin an der Universität Basel. Der Mensch werde unaufmerksamer, unflexibler, reizbarer und ungeduldiger. Das habe die Forschung bewiesen.

"Wir werden langsamer, unaufmerksamer, unser Denken wird weniger flexibel. Wir werden risikofreudiger und machen uns weniger Sorgen über negative Konsequenzen. Unsere emotionale Stabilität nimmt ab. Wir werden reizbarer und ungeduldiger."
Christine Blume, Schlafforscherin

In einem solchen Zustand noch eine kluge Entscheidung zu treffen, sei eine große Herausforderung, so die Expertin. Denn Schlafmangel habe ähnliche Auswirkungen wie Alkohol: Wer 24 Stunden nicht schläft, sei ähnlich beeinträchtigt wie jemand mit 0,8 Promille Alkohol im Blut, sagt Christine Blume.

Frauen reagieren stärker auf Schlafmangel als Männer

Schlafmangel beeinträchtigt uns. Umso weniger Schlaf wir bekommen, desto stärker nehmen unsere kognitiven Fähigkeiten ab. Doch jeder Mensch reagiert auf Schlafmangel unterschiedlich, sagt Christine Blume. Die Reaktion des Körper sei sehr individuell. So können beispielsweise ältere Menschen besser mit zu wenig Schlaf umgehen als Kinder. Studien legen aber auch nahe, dass Frauen stärker auf Schlafmangel reagieren als Männer, so die Schlafforscherin.

"Eine Studie berichtet, dass Frauen stärker auf Schlafentzug reagieren. Das heißt, ihre
kognitive Leistungsfähigkeit eher abnimmt als die von Männern."
Christine Blume, Schlafforscherin

Eigentlich sollten Erwachsene sieben bis neun Stunden schlafen – und das jede Nacht, empfiehlt Christine Blume. Unser Körper kann Schlafmangel zwar kompensieren und tolerieren. Jedoch nur in einem gewissen Rahmen, warnt die Schlafforscherin.

"Um nur eine Stunde Schlafmangel vollständig nachzuholen, benötigt man vier Nächte."
Christine Blume, Schlafforscherin

Chronischer Schlafmangel macht krank. Der Körper benötige außerdem viel Zeit, um Schlaf nachzuholen und wieder in Balance zu kommen: "Um nur eine Stunde Schlafmangel vollständig nachzuholen, benötigt der Mensch vier Nächte", erklärt die Schlafforscherin. Ihr Fazit: Zu wenig Schlaf ist nie gesund.

Shownotes
Eine Nacht ohne Schlaf
Wenn Schlafmangel betrunken macht
vom 25. Juli 2020
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Christine Blume, Schlafforscherin an der Universität Basel