Im Schatten von "House of Cards" und "Game of Thrones" gibt es auch richtig miese Serien, von denen wir einfach nicht loskommen. Auch wenn - oder gerade weil - uns die Story total nervt und die Figuren nur hirnlosen Mist daherreden.
Jeder von uns hat bestimmt die ein oder andere Serien-Leiche im Keller liegen. Eine Serie, die er gehasst und doch Folge um Folge verschlungen hat. Wer jetzt instinktiv mit dem Kopf nickt, ist definitiv Opfer von Hate-Watching. Also dem Phänomen, eine Serie zu gucken, an der wir entweder den Inhalt, den Style oder etwas anderes total hassen.
"Ich hab das Gefühl, ich muss eigentlich die Vorhänge zuziehen, dass ich diesen Trash gucke. Und ich schäm mich auch ein bisschen dafür.“
Die US-amerikanische Fernsehkritikerin Emily Nussbaum verbindet zum Beispiel eine intensive Hassliebe zur NBC-Musicalserie Smash und ist überzeugt davon, dass sich besonders solche Serien gut für Hate-Watching eignen, die zwar einfach schlecht sind, aber gleichzeitig auch etwas Spektakuläres haben.
Hate-Watcher sind Sadomasochisten
Zum Beispiel eine ausgesprochen spektakuläre Produktionsqualität. Die spielt laut Psychotherapeut und Filmwirkungsanalytiker Dirk Blothner vor allem bei US-Serien eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, einer Serie bis aufs Blut zu verfallen.
So tauchen wir immer tiefer in eine Geschichte ein und bewegen uns bald ganz selbstsicher in einem Paralleluniversum, mit dem wir unser Wissen vergrößert und uns selbst weiterentwickelt haben.
"Bei den Hass-Serien ist es so. Sie haben sich an eine Serie gebunden, kommen von ihr nicht los, aber hassen sie zugleich. Und verwickeln sich da in ein so fast sado-masochistisches Verhältnis.“
Irgendwann kommt der Punkt, an dem Hate-Watcher von einer Serie enttäuscht sind, weil sie sich unangenehm verändert, oder aus anderen Gründen ihren vorherigen Glanz verliert.
Viele reagieren in solchen Momenten mit herber Kritik an der Serie und seinen Figuren, um das eigene Selbstbild nicht zu beleidigen. Und gucken trotzdem munter weiter. Das ist nicht besorgniserregend, solange man selbst nicht darunter leidet und sich in einem ungesunden Maß über die Serie aufregt.
“Dann fängt oft ein langer Kampf an, also traut man sich jetzt den zu verlassen, oder versucht man erst mal lange Zeit auf dem Rumzuhacken in der Hoffnung, dass er anders wird.“
Wer aber von einer Serie endgültig loskommen will, muss sich seine eigene Abhängigkeit deutlich machen, sagt Dirk Blothner. Da wir uns aber an Serien genauso binden wie an Personen oder Familien, bedarf es dann noch einer großen Portion Mut und Willenskraft, die Fernbedienung auch endgültig links liegen zu lassen.
Wer das nicht schafft, kann nur noch darauf hoffen, dass die Serie möglichst bald von allein eingestellt wird.