Wünschen sich Menschen ein Haustier, gehen manche dafür in ein Tierheim. Dort werden Mitarbeitende zunehmend angegriffen und beleidigt, wenn sie eine Vermittlung ablehnen. Die Corona-Pandemie hat das verschärft.
Ein Tierheim ist kein Supermarkt. So zitiert der Deutsche Tierschutzbund seinen Präsidenten Thomas Schröder. Immer öfter würden die Tierheimen hingegen von Interessierten berichten, die erwarten würden, sich mal eben einen Hund, eine Katze oder ein anderes Haustier dort wie eine Ware im Supermarkt auszusuchen, um das Tierheim quasi sofort mit dem neuen Haustier zu verlassen.
Machen ihnen die Mitarbeitenden im Tierheim klar, dass es für eine Vermittlung mehr brauche, reagieren einige der Interessierten mit Kritik und Unverständnis bis hin zu Drohungen.
Kristina Berchtold vom Tierheim München erlebt das nahe zu täglich.
"Es kann zermürbend sein, wenn man sich für die gute Sache aufopfert und dann solch böser Kritik und Anfeindungen ausgesetzt ist. Da fließen auch mal Tränen."
Kristina Berchtold vermutet hinter dem Wunsch dieser Menschen nach einem Haustier oft Langeweile oder Einsamkeit. Der Hund, die Katze oder das Kaninchen soll ihnen dann als emotionaler Beistand dienen, erklärt sie. Die Corona-Pandemie habe das noch einmal verstärkt.
Haustiere als Kompensation
Das zeigen auch die Zahlen: Alleine bei der Haustier-Registrierung Tasso wurden 2020 mehr als zehn Prozent mehr Hunde und Katzen angemeldet als im Jahr davor: Waren es 2019 insgesamt 735.500 der Tiere, hat sich die Zahl der Neuregistrierungen ein Jahr später auf 824.600 erhöht.
Wie viele Haustiere tatsächlich angeschafft wurden, ist wegen illegaler Verkäufe oder Privatverkäufe schwer mit Zahlen belegbar. Laut des Deutschen Tierschutzbundes kam es in der Pandemie zu einem Haustierboom.
Andrang auf Hundewelpen
Nehmen die Tierheime zudem Hundewelpen auf, ist der Andrang dort besonders groß, sagt Lea Schmitz vom Tierschutzbund. Vor allem dann, wenn in den Schlagzeilen etwas über einen illegalen Hundetransport aus dem Ausland steht, den die Polizei beschlagnahmt hat.
Viele dieser Tiere würden nach der Neuaufnahme aber erst einmal in Quarantäne kommen, weil sie etwa von Parasiten befallen sind oder Viruserkrankungen haben. Auch sind die Besitzansprüche anfangs häufig unklar, erklärt sie. Das bedeutet: Interessierten sollte klar sein, dass eine Vermittlung der Tiere in erster Linie Zeit braucht.
Vermittlung braucht Zeit
Zumal es darum geht, die Tiere nachhaltig zu vermitteln, sagt Martina Höng vom Tierheim Hersbruck. Fühlt sich das Tier bei den Interessierten wohl? Kommen sie mit dem Tier klar und wissen sie, welche Bedürfnisse es hat? Faktoren wie diese überprüfen die Mitarbeitenden vor einer Vermittlung.
"Wir wollen, dass es ein schönes Zusammenleben für den Hund und auch für den Menschen wird."
Elena Čujić vom Tierheim Lübeck bekommt hingegen oft mit, dass manche Menschen den Anspruch haben, ein Tier aus dem Tierschutz zu adoptieren, das bereits erzogen und kerngesund ist, damit ihre Pflege wenig zeitintensiv ist. Wobei es gerade Zeit, Geduld und das richtige Know-how über das neue Haustier braucht.
Die Bedürfnisse des Tieres kennen
Hinweise geben hier die Steckbriefe der jeweiligen Tiere. Darüber hinaus ist auch eine ausführliche Recherche über die Tierart und ihre Bedürfnisse essenziell. Und dann kommt noch die Einschätzung der Mitarbeitenden im Tierheim dazu. Weil sie die Tiere jeden Tag erleben, wissen sie, was die Tiere brauchen, so Martina Höng.
"Wir Tierpfleger kennen diese Tiere. Wir sind tagtäglich mit ihnen zusammen, und wir wissen, was ihnen guttut und was nicht."