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Verliebt zu sein, kann sich anfühlen, als würde man eine rosarote Brille tragen. Macken, die der neue Crush hat, werden ausgeblendet, und man tut alles für diese Person. Aber was genau passiert in unserem Gehirn während dieser Verliebtheitsphase?

Wenn wir total verknallt in jemanden sind, erkennen wir uns manchmal selbst nicht wieder. Es fühlt sich an wie ein Rausch. Auch Lilli kennt das Gefühl – wenn man einen Crush hat und das Gehirn sich verabschiedet. Sie hat sogar schon einmal ein neues Hobby angefangen – nur wegen ihm.

Wochenlang ist sie mit ihm zu Kreisliga-Fußballspielen gegangen: "Ich habe nicht mal ihm zugeschaut. Es war nicht seine Mannschaft – wir haben einfach zusammen das Spiel geguckt. Egal bei welchem Wetter. Im Nachhinein sehe ich das mit anderen Augen. Das hätte wirklich nicht sein müssen."

Verliebt sein ist Ausnahmezustand für den Körper

Charlotte erzählt, dass sie wochenlang jeden Tag zehn Stunden in die Universitäts- und Stadtbibliothek in Köln gegangen ist – obwohl sie eigentlich gar nicht so viel lernen musste. Der Grund: Ihr Crush war dort. Deshalb hat sie es ganz bewusst so eingefädelt, ihn so oft wie möglich zu sehen, sagt sie.

"Ich habe immer abgepasst, wenn er auf Toilette gegangen ist, damit wir uns dann auf der Treppe begegnen."
Charlotte, hat schon absurde Dinge in der Verliebtheitsphase gemacht

Charlotte spricht von einer Obsession: "Ich war mit meinen Gedanken immer völlig bei ihm und konnte mich überhaupt nicht konzentrieren. Das war in meinem ersten Semester, und ich habe wirklich sehr viel Energie und viele Gedanken darauf verwendet."

Unser Gehirn bestimmt, wie wir uns verlieben – und in wen

Es gibt Menschen, die in uns einen so starken Crush auslösen, dass wir Dinge tun, die wir sonst nie getan hätten. Neurowissenschaftler Simon Eickhoff sagt: In wen wir uns verlieben, hat auch viel mit uns selbst zu tun: "Grundsätzlich gibt es zwei Dinge, die einen Reiz auslösen können. Der eine Aspekt ist körperliche Attraktivität. Das ist auch evolutionär tief in uns verankert – sexuelle Reize sprechen uns instinktiv an."

Erfahrungen beeinflussen, was wir attraktiv finden

Der zweite Reiz sei die Faszination, die von einer Person ausgeht – jenseits rein körperlicher Merkmale, erklärt Eickhoff: "Wir wissen, dass dabei auf jeden Fall Dinge wie Erfahrung und Prägung eine große Rolle spielen."

Der Neurowissenschaftler unterscheidet allerdings zwischen "verliebt sein" und "einen Crush haben": "Ein initialer Crush besteht oft aus zwei Komponenten – der reinen Attraktivität und dem, was ich faszinierend finde, also dem, was mich interessiert. Da ist eine deutlich kognitivere Komponente dabei." Beim Verliebtsein hingegen lernt man die Eigenschaften des anderen besser kennen – seine Verhaltensweisen und Denkmuster.

Warum uns Verliebtsein durcheinanderbringt

"Verliebtsein ist ein psychischer und physischer Ausnahmezustand. Wir haben eine rosarote Brille und die wird durch einen sehr massiven Hormoncocktail ausgelöst.
Stella Schultner, Dating-Coach für Frauen

Wenn wir frisch verliebt sind, kreist alles um die andere Person. Oft können wir nicht essen und nicht schlafen. Die Verliebtheitsphase zeigt ähnliche Symptome wie eine leichte Angststörung – allerdings mit positiven Assoziationen, sagt Dating-Coach Stella Schultner: "Obwohl wir in einem Mangelzustand sind, fühlen wir uns großartig." Das liege auch an den Endorphinen, die in diesem Zustand vermehrt ausgeschüttet werden.

Die rosarote Brille verändert die Sichtweise auf andere

Wer sich von jetzt auf gleich in jemanden verliebt, trägt laut Stella Schultner oft die typische rosarote Brille: "Wenn wir uns jemandem dagegen ganz langsam annähern, fallen uns Dinge, die eigentlich nicht passen, schon am Anfang auf.“ Tragen wir jedoch die rosarote Brille, bemerken wir solche Dinge oft erst, wenn der Hormoncocktail wieder abnimmt.

Wenn "Verliebt sein" zur Sucht wird

Manche Menschen verlieben sich auch sehr schnell und sehr häufig. Es fühlt sich an wie eine Sucht nach der rosaroten Brille. Wer immer wieder das Bedürfnis verspürt, diesen Kick zu erleben, dem rät Stella Schultner zur Selbstreflexion: Man sollte sich fragen, woher dieses Verlangen kommt – und was wirklich dahintersteckt. Warum verliebe ich mich immer wieder in die "falschen" Personen?

Auch das habe viel mit dem eigenen Bindungsmuster zu tun – also den Erfahrungen, die wir in früheren Beziehungen gemacht haben.

Liebe kann auf unterschiedliche Weise entstehen

Stella Schultner erklärt, dass Liebe nicht immer auf die gleiche Weise entsteht. Sie kann sich entweder nach einer intensiven Verliebtheitsphase entwickeln – oder auch ganz ohne eine solche Phase. "Die Verliebtheitsphase ist auch eine Grundlage für alles, was später kommt. Eine schöne Phase ist wie die Erde, in die ich die Beziehung einpflanze", erklärt sie. Wenn in dieser Phase bereits gute "Nährstoffe" vorhanden waren, könne man später – in schwierigen oder langweiligeren Phasen – immer wieder darauf zurückgreifen.

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Shownotes
High auf Liebe
Wie kommen wir klar, wenn wir einen Crush haben?
vom 28. Juli 2025
Gesprächspartnerinnen: 
Lilli, Charlotte und Leyla, haben schon absurde Dinge in der Verliebtheitsphase gemacht
Gesprächspartner: 
Simon Eickhoff, Neurowissenschaftler, leitet das Institut für systemische Neurowissenschaften an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf und das Institut für Neurowissenschaften und Medizin am Forschungszentrum Jülich
Gesprächspartnerin: 
Stella Schultner, hat Psychologie studiert und arbeitet als Dating-Coach für Frauen
Autor und Host: 
Przemek Żuk
Redaktion: 
Ivy Nortey, Neneh Sanneh, Nina Bust-Bartels, Stefan Krombach
Produktion: 
Philipp Adelmann
Quellen: