Vorausgesetzt, die Pegidabewegung hätte recht: Dann existiert hier in Deutschland ein christliches Abendland, das gegen die Migranten aus dem Morgenland verteidigt werden muss. Doch stimmt ihre Behauptung?

Michael Wolffsohn, emeritierter Historiker an der Bundeswehr-Hochschule in München, sagt klipp und klar: Nein! Ein christliches Abendland habe es so - wie die Pegida-Demonstranten weismachen wollen - nie gegeben und werde es auch nie geben. 

Das Christentum habe seinen Ursprung eindeutig im Morgenland, als hierzulande noch die "ungläubigen" Germanen lebten. Grabeskirche, Golgatha, Genezareth, ja sogar das urchristlichste aller Symbole - das Kreuz - stammt aus Jerusalem, nicht aus Jesewitz. Und heute? Deutschland sei ein weitgehend unchristliches Land geworden, analysiert Wolffsohn und vergleicht - mit entsprechend geäußertem Verlaub - ganz Ostdeutschland mit einer Heidenrepublik.

"Die Türken stehen nicht wie 1529 und 1683 vor Wien, sondern in Berlin."
Michael Wolffsohn, Historiker

Wenn wir schon nicht wahrhaben wollten, dass wir kein jüdisch-christliches Abendland waren und sind: Das Morgenland, so Wolffsohn, wandere aktuell ins Abendland hinein. Migration bedeute dabei eine oder mehrere andere Religionen in Deutschland. Und die Christen in ganz Deutschland mutierten gleichzeitig immer mehr zu einer Minderheit.  Vorgetragen hat er auf den "Theologischen Tagen" der Universität Halle-Wittenberg unter dem Thema "Christliches Abendland - Was soll das sein?" am 17. Januar 2018.   

Shownotes
Christliches Abendland
Jerusalem, nicht Jesewitz
vom 31. März 2018
Moderation: 
Hans-Jürgen Bartsch
Vortragender: 
Michael Wolffsohn, Hochschullehrer des Jahres 2017