Menschen können mit hohen Temperaturen schlechter umgehen als bislang angenommen. Das zeigt nun ein Experiment. Wir erklären, ab wie viel Grad es für uns kritisch wird – und inwiefern die Luftfeuchtigkeit dabei eine Rolle spielt.

Auch wenn es draußen wahnsinnig heiß ist, schaffen wir Menschen es in der Regel, unsere Körpertemperatur auf 37 Grad Celsius zu halten. Möglich ist das, weil wir schwitzen und der Schweiß unseren Körper abkühlt. Problematisch wird es, wenn die Luftfeuchtigkeit hoch ist. Dann kann unser Schweiß nicht mehr unbedingt verdunsten und uns fehlt die Abkühlung.

Wenn wir nicht schwitzen können, sterben wir sehr schnell

Bislang sind Forscher*innen davon ausgegangen, dass es ab einer sogenannten Kühlgrenztemperatur von 35 Grad lebensgefährlich für uns wird. Die Kühlgrenztemperatur ist dabei eine Temperatur bei 100-prozentiger Luftfeuchtigkeit. Da wir unter diesen Bedingungen gar nicht schwitzen können, halten wir das höchstens sechs Stunden durch, bevor wir sterben.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Je trockener die Luft ist, desto leichter können wir schwitzen und desto höher ist die Außentemperatur, die wir ohne Schäden aushalten können. Die 35 Grad bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit entsprechen bei 50-prozentiger Luftfeuchtigkeit dann schon 46 Grad.

Diese Grenzwerte sind allerdings keine Erfahrungswerte, sondern wurden aufgrund physiologischer Prinzipien ausgerechnet. Nun haben Forscher*innen das erstmals mit einem Experiment am lebenden Menschen überprüft.

Hitze ist schneller für uns gefährlich als bisher gedacht

Die Wissenschaftler*innen haben 24 gesunde Testpersonen zwischen 18 und 34 Jahren in Klimakammern gesetzt. Um Bewegung im Alltag zu simulieren, mussten sie sich darin langsam auf einem Laufband oder einem Fahrrad bewegen.

Dabei wurden sie unterschiedlichen Temperaturen und unterschiedlicher Luftfeuchtigkeit ausgesetzt und es wurden immer drei Werte gemessen: Ihre Schweißproduktion, ihre Hauttemperatur und ihre Kerntemperatur, also die im Inneren des Körpers.

Die Forschenden fanden so zwei Dinge heraus. Lag die Luftfeuchtigkeit bei um die 100 Prozent, reichten schon 30 bis 31 Grad, dass die Kerntemperatur nach einiger Zeit auf kritische Werte stieg. Das sind vier bis fünf Grad weniger, als man bisher angenommen hatte.

"Das Experiment zeigt, weshalb schon jetzt jeden Sommer hunderte Menschen an der Hitze sterben."
Matthias Wurms von den Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten zu den Ergebnissen des Experiments

Außerdem lieferte das Experiment eine zweite, überraschendere Erkenntnis. Wurde die Luftfeuchtigkeit etwas abgesenkt, hielten die Teilnehmenden das sogar schlechter aus. Dann wurden schon Temperaturen von 25 bis 28 Grad gefährlich, weil die Menschen die Hitze trotz geringerer Luftfeuchtigkeit nicht besser loswurden.

Da das Temperaturen sind, die es selbst in Deutschland jeden Sommer gibt, zeige das Experiment auch, warum es schon jetzt einige Hitzetote gibt. Ein Problem, das sich durch die Klimakrise nur weiter verstärkt. Forschende sind schon bei den bisherigen Grenzwerten davon ausgegangen, dass jedes Jahr 1,2 Milliarden Menschen lebensbedrohliche Hitzeperioden durchleben werden.

Regionen werden unbewohnbar

Einige Regionen der Erde könnten im Sommer sogar komplett unbewohnbar werden – der Nahe Osten zum Beispiel und Nordafrika. Dort könnte Studien zufolge bei einer Erderwärmung von zwei Grad die Sommertemperatur auf mehr als das Doppelte ansteigen. Das heißt: Im Nahen Osten würde es nachts nicht mehr unter 30 Grad abkühlen und mittags könnten es 50 Grad werden.

Wenn die kritische Temperatur nun, wie das Experiment vermuten lässt, noch deutlich niedriger liegt als gedacht, dann wären weltweit wahrscheinlich noch viel mehr Gebiete im Sommer nicht mehr für uns bewohnbar.

Shownotes
Empfindlichkeit
Menschen halten schwül-heißes Wetter nicht sonderlich gut aus
vom 09. März 2022
Moderatorin: 
Anke van de Weyer
Gesprächspartner: 
Matthias Wurms, Deutschlandfunk-Nova-Wissensnachrichten