So viele neue HIV-Infektionen gab es europaweit noch nie: 140.000 Menschen wurden im vergangenen Jahr registriert. Die Dunkelziffer liegt weit höher.
Seit den 80er Jahren werden HIV-Zahlen registriert. Noch nie hat es so viele neue Fälle in einem Jahr gegeben wie 2014: 140.000 Menschen wurden vom Europäischen Zentrum zur Vorbeugung und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) gezählt. Und das sind wirklich nur die Menschen, die sich haben testen lassen. Wie viele Menschen wirklich mit HIV infiziert sind, lässt sich mit Sicherheit nicht sagen. Auffällig ist aber, dass es regionale Unterschiede gibt.
In Osteuropa steigen die HIV-Zahlen besonders stark
Die Studie zeigt; in Österreich, Estland, Frankreich oder den Niederlanden sinken die Zahlen der neu registrierten HIV-Fälle. Hier bei uns in Deutschland zum Beispiel stagnieren sie. Der besorgniserregende Trend kommt aus Osteuropa. Mehr als die Hälfte der neu registrierten Fälle kommt aus Russland. Und in Bulgarien, Ungarn, Tschechien und der Slowakei haben sich die Zahlen in den letzten zehn Jahren verdoppelt.
In unseren Köpfen hallt immer noch die Formel, dass HIV meist bei Männern vorkommt, die Sex mit Männern haben. Auf Westeuropa trifft das auch tatsächlich zu. Da kommt die Mehrheit der registrierten Neuinfektionen bei homosexuellen Männern vor. In Russland ist es aber ein ganz anderer Grund. Dort gibt es viele Drogenabhängige und die Vielzahl der HIV-Fälle hat verunreinigtes Drogenbesteck als Ursache.
"Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge soll Russland weltweit an Nummer eins stehen, was den Heroinmissbrauch anbelangt."
Weil es in Russland keine Methadon-Projekte gibt, haben die Abhängigen keinen Zugang zu Ersatzstoffen und Einweg-Spritzen. In den anderen osteuropäischen Ländern ist das ähnlich. Auch hier kommt der Großteil der neu registrierten Fälle aus dem Drogenmilieu. Und das wirkt sich auch auf den Rest Europas aus, sagt Andrew Amato von der ECDC.
"Wenn es im Osten von uns eine Epidemie gibt, die außer Kontrolle ist, dann betrifft uns das auch. In der EU gehen die Zahlen seit zehn Jahren nicht zurück."
Amato kritisiert, dass im Gesundheitssektor immer zuerst an der Prävention gespart wird. Das Robert-Koch-Institut weist auf ein weiteres Problem hin, das die Ausbreitung von HIV bei uns im Westen begünstigt: Die Krankheit Aids hat für viele ihren Schrecken verloren. Die Menschen haben keine Angst mehr davor.
"Oft wird nicht miteinander kommuniziert. Wenn es spontan passiert, wird das Kondom auch gerne mal weggelassen."
Wichtig sei es, dass den Menschen klar ist, dass sie Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen. Und das aller Wichtigste ist, da sind sich Robert-Koch-Institut und ECDC einig: Aufklärung!