Weniger Fleisch essen – super! Auf tierische Milch verzichten – jawoll! Viele von uns glauben, dass es nicht nur umweltschonender, sondern auch gesünder sei, pflanzliche Milch zu trinken und vegan zu essen. Aber so einfach ist es oft dann doch nicht, denn scheinbar gesunde Lebensmittel sind oft zu stark verändert und enthalten Zusatzstoffe, die in manchen Fällen nicht gut für uns sind. Wie ungesund hochverarbeitete Lebensmittel sein können, hat eine aktuelle Studie untersucht.
Schon frühere Studien haben gezeigt, dass sogenannten hochverarbeitete Lebensmittel Entzündungen hervorrufen können, weil sie unsere Darmflora verändern. Zu dieser Art von Nahrungsmitteln zählt alles, was stark verarbeitet wurde. Das kann eine Fertig-Lasagne sein oder auch Chips, Cornflakes, Wurstwaren, Tiefkühlpizza, Tütensuppen oder vegane Fischstäbchen. Im Prinzip also vieles von dem, was die meisten von uns für den täglichen Bedarf im Supermarkt einkaufen.
Hochverarbeitete Produkte können Risiko eines vorzeitigen Todes erhöhen
Eine neue Studie aus Brasilien zeigt, dass der Effekt von stark verarbeiteten Lebensmittel noch extremer ist, als lediglich Entzündungen hervorzurufen.
Die Forschenden gehen aufgrund ihrer Daten nun davon aus, dass hochverarbeitete Lebensmittel offenbar für viele vorzeitige Todesfälle verantwortlich sind. Zu den Ergebnissen sind sie gelangt, indem sie Statistiken mit Sterbezahlen und Ernährungsgewohnheiten aus dem Jahr 2019 ausgewertet haben.
Ernährung: Bis zu zehn Prozent der Todesfälle pro Jahr in Brasilien
Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass die Lebensmittel für bis zu zehn Prozent der vermeidbaren Todesfälle in Brasilien verantwortlich sein könnten. Das entspricht in absoluten Zahlen ungefähr 57.000 Todesfällen pro Jahr.
Zu den Risiken, die durch hoch verarbeitete Lebensmittel verstärkt werden, zählen die Forschenden neben Fettleibigkeit, Herz- Kreislauferkrankungen und Diabetes auch noch mehrere Arten von Krebs.
In Ländern mit höherem Einkommen ist das Problem deutlich größer
In Brasilien sind zwischen 13 bis 21 Prozent der Lebensmittel, die laut Studie im Durchschnitt je nach Altersgruppe konsumiert werden, hochverarbeitet. In Ländern mit einem höheren Durchschnittseinkommen wie beispielsweise den USA, Kanada und Großbritannien, basiert die Hälfte der Kalorieneinnahme auf stark verarbeiteten Nahrungsmitteln.
Dass die Zahl der vermeidbaren Todesfälle in Ländern mit höherem Einkommen deutlich höher liegen muss, erscheint damit ziemlich offensichtlich.
"Die ursprüngliche Struktur des Ausgangsprodukts ist dekonstruiert. Viele vegane Lebensmittel, die man ja als gesund wahrnimmt, haben dieses Problem."
Vierstufiges Modell
Hochverarbeitete Lebensmittel werden nach dem Nova-Modell in vier Stufen unterteilt. Dabei werden Produkte berücksichtigt, die in einem unterschiedlichen Grad durch Hitze, Salze, Fette, Farb- und Aromastoffe behandelt wurden.
Auf Stufe 1 befindet sich alles, was wenig oder gar nicht verarbeitet ist, also zum Beispiel Obst, Gemüse, Eier und sogar auch Milch. Auf jeder weiteren Stufe sind die Ausgangsprodukte noch stärker verarbeitet als auf der vorhergehenden.
"Realistisch gesehen, kann man den Konsum wohl nur reduzieren. Und das sollte man wohl auch, wenn man sich die Risiken anschaut."
Diese stark beeinflussten Lebensmittel haben meist wenig Ballaststoffe oder Proteine, dafür aber oft viel Salz, Zucker, Geschmacksverstärker oder Fett. Hinzu kommt, dass sie allgegenwärtig und jederzeit verfügbar sind und wir möglicherweise selten hinterfragen, wie gesund oder ungesund die Sachen sind, die wir im Laufe eines Tages verzehren.
Ganz auf diese Produkte zu verzichten, ist schwierig, weil es einen immensen Aufwand bedeuten würde, alles selbst zuzubereiten. Ein weiterer Grund, weshalb uns der Verzicht schwerfallen könnte: Wir haben uns sehr an den Geschmack vieler Produkte gewöhnt und kaufen sie gerade deshalb, sagt auch Deutschlandfunk-Nova-Reporter Peter Neuhaus, der die Ergebnisse dieser aktuellen Studie in einem Gespräch zusammengefasst hat.
Hafermilch - bis zur Unkenntlichkeit dekonstruiert
Eine britische Ernährungsexpertin hat darauf hingewiesen, dass beispielsweise bei Hafermilich durch die Verarbeitung die ursprüngliche Struktur des Ausgangsprodukts dekonstruiert wird. Wird das Produkt im Labor untersucht, ist der Hafer kaum noch zu identifizieren. Das ist eines der entscheidenden Merkmale von hochverarbeiteten Lebensmitteln.
Eine goldene Regel ist unter anderem also, dass wir frisch zubereitete Gericht immer bevorzugen sollten.
Das ganze Gespräch, in dem die Ergebnisse der Studie zusammengefasst werden, könnt ihr hören, wenn ihr oben auf dieser Seite auf den Playbutton klickt.
Disclaimer: In einer früheren Version des Artikels hatten wir den Eindruck erweckt, Hafermilch sei ähnlich ungesund wie andere hochverarbeitete Lebensmittel. Hafermilch kann zwar hochverarbeitet sein und viele Zusatzstoffe und Kalorien enthalten, allerdings gibt es zwischen unterschiedlichen Arten von Hafermilch große Unterschiede. Außerdem ist Hafermilch in der zugrundeliegenden Studie nicht untersucht worden.