Powernap! Viele reden darüber und finden das gut – doch in der Arbeitswelt ist das noch nicht angekommen. Wer eine Runde schlummert, gilt eher als faul. Wir sagen euch, warum das falsch ist - und ob das coronabedingte Homeoffice daran etwas ändern könnte.
Pilotinnen und Piloten der Lufthansa dürfen etwas, das den meisten anderen im Job eher verwehrt bleibt: Ihnen ist ein Nickerchen während der Arbeitszeit erlaubt.
Im Cockpit ist Schlafen erlaubt
Wir reden hier jedoch nicht von einem stundenlangen Tiefschlaf im Cockpit, sondern von einem Nickerchen. Und auch das ist nur möglich, solange die Kollegin oder der Kollege auf dem Nachbarsitz wach bleibt. Aber immerhin: Die Lufthansa sieht im Powernap vor allem Positives.
Christine Blume, Schlafforscherin am Zentrum für Chronobiologie in Basel, bestätigt das. Nach einem Nickerchen seien wir erfrischter, konzentrierter, leistungsfähiger und auch motivierter.
"Nach einem Powernap fühlen wir uns oft einfach erfrischter, sind auch leistungsfähiger, vielleicht deshalb auch motivierter."
Gerade auf der Langstrecke macht das Sinn: Müde Pilotinnen und Piloten machen leichter Fehler. Seit vielen Jahren gibt es bei der Lufthansa deshalb eine sogenannte Napping Policy, die erlaubt 20 Minuten dösen. Zur Sicherheit schaut immer wieder ein Flugbegleiter ins Cockpit, damit auch ja nicht beide eingeschlafen sind.
Nicht länger als eine halbe Stunde
Länger als 20 bis 30 Minuten sollte ein Powernap aber sowieso nicht dauern, sagt Schlafforscherin Christine Blume. Denn alles, was darüber hinausgeht, könnte sich sonst negativ auf den Nachtschlaf auswirken, auf das Einschlafen und Durchschlafen.
"Nach 60 oder 90 Minuten Mittagsschlaf wachen wir oft gerädert auf."
Bei 60 oder sogar 90 Minuten Mittagsschlaf würde der innere Akku einfach zu stark aufgeladen. Außerdem würden wir danach häufig eher gerädert aufwachen – und eben nicht so schön frisch und entspannt, wie wir uns das wünschen.
Problem: Zeit ist Geld
Der Bauch voll mit Pasta, der letzte Kaffee auch schon eine Weile her. Die Erkenntnis, dass ein kleiner Mittagsschlaf auch während der Arbeitszeit helfen kann, ist nicht neu. Bloß hat sich das Konzept in Deutschland bisher nicht wirklich durchgesetzt. Denn Zeit ist Geld – und wer schläft gilt als faul. Oder wer von euch hat sich schon mal getraut, der Chefin oder dem Chef nach dem Lunch zu sagen: Hey, ich mach mal kurz ein Nickerchen, okay?
"Schlafen während der Arbeit ist im Homeoffice plötzlich möglich – egal, ob das verpöhnt ist oder nicht. Also ab auf die Couch!"
In Coronazeiten hat sich aber viel geändert, meint unser Reporter Timo Nicolas: Im Homeoffice sind wir nicht mehr ständig den Blicken von Kolleginnen und Chefs ausgesetzt. Schlafen während der Arbeit ist jetzt plötzlich möglich.
Vielleicht ändern ja auch die Unternehmen bald ihre Haltung? Dafür müssten wir alle aber aber etwas Lobbyarbeit betreiben, findet Timo. Indem wir etwa sagen: "Hey Chef, der Grund, warum ich nachmittags im Homeoffice immer noch so konzentriert bin, liegt an dem kleinen Nap, den ich gerade gemacht habe."
Corona ermöglicht Powernap ohne schlechtes Gewissen
Ob es angehende Neu-Powernapper aber schaffen, auch wirklich die vollen 20, 30 Minuten sinnvoll zu nutzen – also schnell einzuschlafen – steht auf einem anderen Zettel. Ob sich diese Fähigkeit antrainieren lässt, ist wissenschaftlich nicht abschließend geklärt, sagt Timo.
Generell sollte aber sowieso nicht jede und jeder mittags schlafen, meint die Schlafforscherin. Wer beispielsweise nachts schlecht schläft, sollte das nicht tagsüber versuchen. Denn das könnte den Nachtschlaf zusätzlich erschweren. Wer aber nachts ruhig schläft, der darf auch mittags gern die Füße hochlegen.
Am Schluss noch die gute Nachricht für alle die, die nicht schnell genug einschlafen: Auch Augen zu und entspannen kann schon helfen, um hinterher ausgeruhter und frischer zu sein, sagt Christine Blume. Der Übergang vom wachen zum schlafenden Zustand sei fließend. Und oft schlafe man ein bisschen, ohne es zu merken.