US-Mediziner wollen die Körpertemperatur von Patienten auf zehn Grad Celsius herunterkühlen, um Zeit für lebenswichtige Operationen zu gewinnen. Ein Verfahren, das bislang nur an Schweinen ausprobiert wurde.
Wer im Winter in einen eiskalten See fällt, kann schnell einen Herzstillstand erleiden - und hat trotzdem gute Chancen, wiederbelebt zu werden. Denn bei Kälte laufen die chemischen Reaktionen in unserem Körper langsamer ab und unsere Zellen brauchen weniger Sauerstoff. Unser Herz kann also länger stillstehen, ohne dass das Gehirn durch den Sauerstoffmangel Schaden nimmt - was bei normaler Körpertemperatur schon nach drei bis fünf Minuten der Fall ist.
Zehn Grad Körpertemperatur
Diesen sogenannten Hypothermie-Effekt machen sich Ärzte schon länger zunutze: Zum Beispiel werden Patienten bei Herz- oder Hirn-OPs gezielt heruntergekühlt, damit mehr Zeit zum Operieren bleibt - manchmal bis auf 20 Grad Celsius. So weit wie eine Studie, die bald in den USA starten soll, ist allerdings noch niemand gegangen: Zehn Patienten sollen auf zehn Grad Celsius heruntergekühlt werden - um noch mehr Zeit zu gewinnen.
"Wir erkaufen uns durch solche Interventionen Zeit."
Bei der Methode, die der Mediziner Samuel Tisherman von der US-Universität in Pittsburgh und seine Kollegen vor allem bei lebensgefährlich verletzten Menschen anwenden wollen, soll das Blut dieser Patienten in kurzer Zeit gegen eine kalte Flüssigkeit ausgetauscht werden. Ein Verfahren, das bislang nur an Schweinen erfolgreich getestet wurde.
Was eine so extreme Kälte im menschlichen Organismus auslöst, ist also noch weitgehend unerforscht. Die geplante Studie in den USA ist daher umstritten - auch wegen der Art, wie die Mediziner ihre Studienteilnehmer rekrutieren: Die Forscher schalten vor ihrem Experiment Anzeigen in örtlichen Medien. Wer nicht an dem Versuch teilnehmen will, kann daraufhin ein Armband anfordern, das Ärzten im Notfall signalisiert: "Ich möchte bitte nicht tiefgekühlt werden".
Der kälteste Mensch der Welt
Der bislang kälteste Mensch der Welt war Anna Bågenholm: Nach einem Sturz in einen eiskalten Bach bein Skifahren war die schwedische Ärztin 1999 rund drei Stunden klinisch tot, ihre Körpertemperatur betrug nur noch 13,7 Grad Celsius. Annas Fall trug wesentlich zum gezielten Einsatz extremer Kälte in der Medizin bei, denn die damals 29-Jährige überlebte. "Back from the dead", wie die Kollegen der BBC es formulieren.