Die Zahl der jungen Drogentoten in Deutschland ist gestiegen. Die Gründe dafür sind noch unklar. Aber ein Ort, an dem viele Drogen konsumiert werden, sind illegale Raves. Die Journalistin Isabell Beer hat dazu recherchiert.
Mit sehr jungen Drogentoten sind Menschen im Alter von 21 Jahren und jünger gemeint – die Zahl ist in Deutschland deutlich angestiegen: Während es im Jahr 2019 noch 59 Menschen waren, lag die Zahl 2021 bei 131. Das hat eine Recherche des investigativen Rechercheformats Strg_F ergeben, das für das öffentlich-rechtliche Angebot Funk recherchiert. Die Journalistin Isabelle Beer war an dieser Recherche beteiligt und erzählt, was sie herausgefunden hat.
20-jähriger stirbt nach Rave in Köln
Das Recherche-Team sei ursprünglich auf das Thema aufmerksam geworden, weil im August ein 20-Jähriger auf einem Rave in einem Kölner Bunker zusammengebrochen und anschließend gestorben war. Das Verfahren zu den genauen Todesumständen läuft noch, aber unmittelbar nach dem Rave wurden Vermutungen geäußert, dass er an einer Überdosis gestorben sein könnte.
"Es kamen schon schnell danach Gerüchte auf, ihm sei nicht rechtzeitig geholfen worden, weil Leute gezögert hätten, den Notruf zu wählen."
Isabell Beer und ihr Team sind dann Gerüchten nachgegangen, dem jungen Mann sei nicht schnell genug geholfen worden. "Wir haben mit Leuten gesprochen, die auf diesen Raves waren. Dann hat uns jemand erzählt, es hätte Aussagen gegeben, wie 'Lasst ihn doch einfach sterben, wegen dem wird sonst der Rave gesprengt'", berichtet die Journalistin.
Eine Aussage, die den Reporter*innen immer wieder begegnet ist: Die Raves seien härter und heftiger geworden. "Das haben uns alle unabhängig voneinander erzählt – die Besucher der Raves, die Veranstalter, die DJs – das hat sich wirklich durchgezogen", so Isabell Beer.
Recherche auf illegalen Partys
Das Team war dann selbst auf zwei Raves unterwegs. Isabell Beer betont jedoch, dass diese Veranstaltungen nur Momentaufnahmen seien und keine generellen Rückschlüsse zulassen. Auf den beiden Partys haben sie offenen Drogenkonsum beobachtet - und zwar in einem hohen Ausmaß. "Wir haben Minderjährige beim Drogenkonsum gesehen. Es war auch enorm einfach, an Drogen zu kommen", sagt die Journalistin. Sie habe jemandem Feuer gegeben und wurde dabei direkt
gefragt, ob sie Speed haben möchte.
"Die Leute waren tatsächlich extrem jung."
Das Publikum sei auf diesen Raves extrem jung gewesen. Teilweise hatte sie den Eindruck, dass die Jugendlichen nicht älter als 13 Jahre alt waren. "Das war schon echt heftig."
Die Reporter*innen haben auch mit Veranstaltenden gesprochen und sehr unterschiedliche Reaktionen erhalten. Ein Veranstalter hat in einer Videobotschaft zunächst vor allem den Gästen für die tolle Party gedankt, bevor er sich zu dem Todesfall äußerte. Andere Veranstalter hätten gesagt, sie machten keine illegalen Raves mehr.
Ein weiterer Veranstalter habe eingeräumt, jetzt eine Schulung organisiert zu haben, um in Zukunft auf solche Notfälle besser vorbereitet zu sein. Außerdem wollten sie jetzt als Veranstalter erkennbar sein und auf den Raves mehr Rundgänge machen, um solche Notfälle frühzeitig zu erkennen, berichtet Isabell Beer.
"Ich hatte den Eindruck, dass es schon an manchen Stellen etwas bewegt hat, nur nicht überall."
Das Reporter-Team hat für die Recherche auch mit dem Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Burkhard Blienert, über die gestiegene Zahl der Drogentoten gesprochen. "Er hat uns gesagt, dass er diese Zahl der jungen Drogentoten noch nicht kannte", sagt Isabell Beer. Im Moment wisse auch niemand, woran es genau liege, dass so viele junge Menschen in der letzten Zeit an Drogen gestorben sind.