Es wird später und später. Eigentlich wolltest du ins Bett. Aber du brauchst noch Zeit für dich. Also schaust du eine Folge deiner Lieblingsserie nach der anderen und schläfst viel zu wenig. Klarer Fall von Schlafprokrastination! Wie schlimm ist sie und was hilft?
Von Schlaf-Prokrastination oder Englisch "bedtime procrastination" sprechen wir, wenn drei Kriterien erfüllt sind:
- Jemand schiebt absichtlich oder aus freiem Willen den Zeitpunkt nach hinten, zu dem sie oder er ins Bett geht.
- Das passiert ohne einen konkreten Grund, wie zum Beispiel eine späte Verabredung.
- Dieses Hinauszögern des Schlafengehens führt dazu, dass er oder sie weniger als nötig schläft, und das ist ihm oder ihr auch bewusst.
Schlafforscherin Christine Blume von der Uni Basel sagt, es gibt bestimmte Personen, die eher Schlaf prokrastinieren als andere: zum Beispiel Menschen, die lieber spät aufstehen und zu Bett gehen, oder eher nach außen gerichtete Menschen.
"Menschen mit späterem Chronotyp sind eher betroffen. Extravertierte Persönlichkeiten zeigen eher Bettzeit-Prokrastination, gewissenhafte Personen zeigen eher weniger."
Eine Studie aus Polen hat gezeigt, dass jüngere Erwachsene und Frauen auch eher Schlaf prokrastinieren. Das könnte daran liegen, dass jüngere Menschen einen späteren Chronotyp haben. Zu einer für sie zu frühen Uhrzeit können sie also gar nicht schlafen. Der Chronotyp verändert sich übrigens mit dem Alter.
Frauen neigen mehr zu Schlafprokrastination als Männer
Warum Frauen eher betroffen sind, erklärt die Schlafforscherin sich damit, dass Frauen sich auch heutzutage noch tendenziell mehr um Familie und Haushalt kümmern als Männer und nach getaner Care-Arbeit dann möglicherweise auch noch etwas Raum für sich brauchen.
"Auch im Jahr 2025 leisten Frauen mehr Care-Arbeit, möglicherweise auch am Abend. Und wenn alle Brotdosen vorbereitet sind und die Küche aufgeräumt ist, dann haben sie das Bedürfnis, noch ein bisschen Freizeit zu haben."
Wer unter Schlafprokrastination leidet und gerne etwas ändern würde, kann anfangen, das eigene Verhalten zu beobachten, empfiehlt die Schlafforscherin. Denn schon das kann helfen.
Tipps gegen Schlafprokrastination
Man kann sich also fragen: Wann möchte ich gerne ins Bett gehen? Gehe ich um diese Uhrzeit auch wirklich schlafen? Was führt dazu, dass ich es nicht tue? Gibt es ein Bedürfnis, das ich noch befriedigen möchte – zum Beispiel Zeit für mich?
"Man weiß aus der Forschung, dass alleine das sich selbst beobachten dabei helfen kann, das Verhalten zu verändern."
Wer ein solches Bedürfnis bei sich entdeckt, kann dann versuchen, über Tag mehr Zeit dafür einzuräumen. Außerdem kann es helfen, sich einen konkreten Plan für den Abend zu machen und auch die Umgebung so zu gestalten, dass man diesen auch umsetzen kann.
Wer also immer noch eine weitere Folge der Serie schaut, kann sich den Plan machen, gegen 22.30 Uhr keine weitere Folge mehr zu beginnen. Um das umzusetzen, kann es zum Beispiel helfen, die Funktion "Nächste Folge automatisch abspielen" beim Streaming-Dienst der Wahl zu deaktivieren.
Ob Schlafprokrastination in einen Müdigkeits- und Kontrollverlust-Teufelskreis führen kann und wann man sich professionelle Hilfe suchen sollte, klären die Wissenschaftsjournalistin Ilka Knigge und Schlafforscherin Christine Blume in dieser Folge von "Über Schlafen".
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