Impfzwang,
Weltherrschaft, drohende Diktaturen: Je
länger die Pandemie andauert, desto mehr Verschwörungsmystiker
treten auf den Plan – nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern
auch bei Versammlungen und sogenannten "Hygiene"-Demos.
Kein
neues Phänomen,
sagen Experten: Verschwörungen gab es schon immer.
Verschwörungsmythen boomen in Corona-Zeiten, und das auch auf Instagram
und in Telegram-Gruppen. Influencer und Promis, wie Attila Hildmann oder Xavier Naidoo, teilen dort ihre kruden Behauptungen. Allein die Telegram-Gruppe von Attila Hildmann hat über 21.000 Abonnenten, die von Xavier Naidoo fast 50.000 – und Influencerinnen wie Anne Wünsche erreichen mehr als 800.000 Follower.
"Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts waren Verschwörungstheoretiker so stark, dass sie das Handeln von Regierungen bestimmt haben."
Dass gerade in Krisenzeiten Verschwörungsmythen eine Blütezeit erleben, ist kein neues Phänomen, sagt Hedwig Richter, Professorin für Neuere und Neueste Geschichte. Die Welt ist komplex, kommt dann noch eine Krisensituation wie die Coronavirus-Pandemie hinzu, fällt es den Menschen zunehmend schwerer, ihre Lebenswelt zu begreifen. Verschwörungsmythen würden dann schneller angenommen werden, denn sie liefern einfache Antworten auf komplexe Fragen, sagt Hedwig Richter.
Männer glauben eher an Verschwörungen
Der Glaube an Verschwörung ist weit verbreitet in unserer Gesellschaft, sagt die
Psychologin Pia Lamberty. Doch es gebe deutliche Geschlechterunterschiede: Männer glaubten mehr an Verschwörungen als Frauen. Das Alter spiele dabei keine Rolle, so die Wissenschaftlerin weiter, dafür aber die Jobsituation. Wer in unsicheren Arbeitsverhältnissen lebt oder arbeitslos ist, fühlt sich eher von der Gesellschaft abgehängt und verliert eher den Glauben an demokratische Teilhabe. Das kann dazu führen, dass man empfänglicher wird für Verschwörungen.
"Den Glauben an Verschwörungen findet man besonders bei Menschen, die sich politisch rechts einordnen."
Außerdem spiele die politische Ausrichtung eine Rolle: Menschen, die dem rechten Spektrum zugeordnet werden können, sympathisieren verstärkt mit Verschwörungsmystikern – ebenso Rechtspopulisten. Sie bedienen sich ähnlichen Elementen wie der Schwarz-Weiß-Einteilung, erklärt die Psychologin.
"Es gibt ein klares Feindbild. Dadurch kann ich mich selber noch mal erheben. Dann bin ich automatisch der Gute, der die Wahrheit sieht in dieser Logik."
Für Hedwig Richter gehe von Verschwörungsmythen, die momentan kursieren, noch keine Gefahr aus. Es sei nach wie vor ein Minderheitsphänomen. Unsere Demokratie sei stabil genug, um dadurch nicht ins Wanken zu geraten, sagt die Wissenschaftlerin.
Pia Lamberty sieht das anders: Auch wenn Verschwörungsglaube bislang nur in in kleinen Teilen der Bevölkerung angekommen ist, sollte das Phänomen nicht unterschätzt werden. Denn durch ein neu entstandenes Feindbild könnten sich plötzlich Gruppen zusammenschließen, die bislang nichts gemeinsam hatten.
"Eine große Gefahr ist, dass Verschwörungstheorien überall auftreten, dass sie in der gesamten Gesellschaft verbreitet sind."
Soziale Medien reagieren teilweise richtig
Auch wenn soziale Medien die Verbreitung des Verschwörungsglaubens beschleunigen, können sie auch einen positiven Einfluss haben, sagt Hedwig Richter. Plattformen, wie Youtube oder Twitter, haben ihren Algorithmus geändert, damit Videos zu Verschwörungsmythen nicht mehr in der Trefferliste oben landen, sondern dem User zuerst seriöse Inhalte angezeigt werden.
Der Nebeneffekt davon ist allerdings, dass Anhänger von Verschwörungen wie Attila Hildmann oder Xavier Naidoo einfach zu anderen Diensten wie Telegram abwandern, wo sie ihre fragwürdigen Ansichten weiter ungefiltert verbreiten können, sagt Pia Lamberty.
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