In Wien ist das 365-Euro-Ticket ein Riesenerfolg. Für umgerechnet einen Euro am Tag Bus und Bahn fahren. Klingt doch super. Hier in Deutschland wird das günstige Ticket in ausgewählten Städten getestet – aber wie man am Beispiel Bonn sieht: Mit nur mäßiger Nachfrage.
Was in Wien gut funktioniert, muss hier bei uns in Deutschland noch lange nicht gut laufen. Das sehen wir gerade am 365-Euro-Ticket. In Wien ist es vor sieben Jahren eingeführt worden – seither fahren die Menschen für umgerechnet einen Euro am Tag mit Bus und Bahn durch die Stadt. Die Zahl der verkauften Jahrestickets für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat sich seitdem enorm gesteigert, heißt es von den dortigen Verkehrsbetrieben.
"Vor der Einführung gab es 300.000 Jahrestickets. Aktuell stehen wir bei 820.000. Das ist mehr als es seit 2015 angemeldete Autos in Wien gibt."
In Deutschland wollte man an diesen Erfolg anknüpfen und hat das 365-Euro Ticket in einigen Städten getestet. Bonn ist eine davon. Dort gibt es für einen Zeitraum von zwei Jahren ein Jahresticket-Kontingent von 17.000. In den ersten neun Monaten wurden aber nur 6000 abgerufen – also gerade mal ein Drittel.
365-Euro Ticket ist nicht attraktiv
Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Grit Eggerichs sagt, das liegt vor allem daran, dass das Ticket für viele einfach nicht attraktiv ist, weil sie nicht über die Stadtgrenzen hinaus kommen.
"Es gelten nicht mal Anschlusstickets, wenn man über den Stadtbereich hinausfahren will. Das könnte ein Grund sein, warum die Jahreskarte nicht wirklich angenommen wird."
Es gebe in Deutschland nur wenige Anreize, aufs Auto zu verzichten und auf Bus und Bahn umzusteigen, sagt Grit Eggerichs. Das liege vor allem daran, dass man in Deutschland, anders als in Österreich, nicht daran gedacht habe, das ÖPNV-Angebot deutlich auszuweiten und zu verbessern.
Wien hat Straßennetz früh ausgeweitet
Während die Österreicher schon vor 2012 viel in neue U-Bahn-Linien und das Straßenbahnnetz investiert haben, ist in Deutschland nur das günstige Ticket eingeführt worden. Vereinfacht gesagt: Wenn die Leute mit Bus und Bahn nicht schnell dorthin kommen, wo sie hin müssen, bringt es ihnen auch nichts, wenn das Jahresticket nur einen Euro am Tag kostet.
Lisa Schmid von den Wiener Linien sagt: Das Angebot muss passen.
"Wir bauen das Straßennetz ständig aus. Jeder Wiener hat eine Haltestelle in Gehweite."
In Wien gibt es seit 1969 eine zweckgebundene Abgabe für den ÖPNV: Wiener Arbeitgeber zahlen pro Mitarbeitendem und pro Woche 2 Euro an die Stadt.
Finanzierung für günstiges Jahresticket in Deutschland ungeklärt
Hier in Deutschland werden die aktuell laufenden Modellversuche in Bonn, Essen, Reutlingen, Mannheim und Herrenberg vom Bund gefördert. Bonn bekommt beispielsweise für die zwei Jahre 37,6 Millionen Euro.
SPD will 365-Euro-Ticket für ganz Deutschland
Die SPD möchte das 365-Euro-Ticket in ganz Deutschland einführen. Am 13. September will sie im Bundestag vorstellen, wie sie das umsetzen und auch finanzieren will.