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VW, Bosch, Ford oder jetzt auch Deutschlands größte Stahlfirma Thyssenkrupp Steel: In vielen Industriekonzernen sollen tausende Stellen wegfallen. Warum steckt die Industrie so in der Krise – und wie könnte sie dort wieder herauskommen?

"Haben wir hier überhaupt noch eine Zukunft", fragen die Auszubildenden bei Thyssenkrupp Steel in Duisburg Yusuf Bülbül. Er ist selbst erst 23 und Jugendvertreter der IG Metall bei Thyssenkrupp Steel Europe. Noch gibt es eine Gesamtbetriebsvereinbarung, nach der Auszubildende bei fachlicher und persönlicher Eignung übernommen werden sollen, sagt Yusuf. Doch diese laufe im März 2026 aus. Er hat also leider keine wirklich befriedigende Antwort auf die Frage der Auszubildenden.

Thyssenkrupp in Duisburg: Fast jeder zweite Job betroffen

Thyssenkrupp will 5.000 Stellen abbauen, weitere 6.000 sollen ausgelagert werden, sodass insgesamt 11.000 Arbeitsplätze wegfallen. Für die Auszubildenden ist das eine schockierende Nachricht. Und auch Yusuf sieht schwarz: "Ganz ehrlich, wenn das jetzt wie angekündigt passieren sollte, dann ist Duisburg für mich tot." An dem Standort gibt es aktuell etwa 13.600 Beschäftigte.

Deshalb protestiert Yusuf zusammen mit den anderen Auszubildenden. Er fordert, dass die Gesamtbetriebsvereinbarung bis 2030 verlängert wird und die Auszubildenden übernommen werden. Und er erwartet auch von der Politik, dass sie hier einschreitet.

Welche Gründe haben in die Krise geführt?

Aber woran liegt es, dass es der deutschen Industrie so schlecht geht, dass tausende Stellen abgebaut werden? Mischa Erhardt aus der Deutschlandfunk-Wirtschaftsredaktion nennt mehrere Gründe:

  • Das Wachstum auf Ebene der Weltwirtschaft hat sich verlangsamt, dadurch ist die weltwirtschaftliche Nachfrage nach deutschen Produkten geringer.
  • China ist wirtschaftlich geschwächt durch eine Krise auf dem Immobilienmarkt und fragt deshalb weniger Produkte aus Deutschland nach.
  • China produziert inzwischen selbst hochwertige Produkte und ist zu einem Konkurrenten Deutschlands geworden.
  • Die Industrie wird in Richtung einer CO2-neutralen Produktion umgebaut.
  • In Deutschland sind die Energiepreise im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder China hoch.

All diese Gründe sind allerdings nicht vom Himmel gefallen. Die deutsche Industrie hätte sich bereits vor Jahrzehnten schon auf bestimmte Entwicklungen vorbereiten können, betonen Wirtschaftsexpert*innen. Bei vielen Konzernen hat das Management gepennt, wird Mischa Erhardt deutlich. Sie hätten die aktuelle Krise also mit zu verantworten. Die Umstellung auf erneuerbare Energien hätte zum Beispiel schon vor 20 Jahren erfolgen können, dann wäre der Preisdruck durch hohe Energiekosten heute geringer.

"Man hätte vor zwei Jahrzehnten natürlich schon sehr stark auf erneuerbare Energien setzen können."
Mischa Erhardt, DLF-Wirtschaftsredaktion

Der Wandel hin zu einer CO2-neutralen Industrie hätte ebenfalls vor Jahrzehnten beginnen können – denn schon damals war klar, dass es in der Zukunft ein Problem geben wird, sagt Mischa Erhardt. Dass die zukunftsorientierte Erneuerung der Industrie verschlafen wurde, habe der Ampelregierung bereits schlechte Startbedingungen beschert. Sie hat demnach in den drei Jahren nicht einfach alles nachholen können, so der Wirtschaftsredakteur.

Bewältigung der Krise ist Mammutaufgabe

Jetzt aus der Krise herauszukommen, ist eine ziemlich große Aufgabe, meint Mischa Erhardt. Er glaubt, dass verbesserte politische Rahmenbedingungen der deutschen Industrie helfen können. Dazu gehöre auch eine gezielte Förderung – insbesondere im Vergleich zur massiven Wirtschaftsförderung in den USA und China. Aber auch Tabuthemen wie die Schuldenbremse müssten in der neuen Regierung auf den Tisch, so der Wirtschaftsredakteur.

"Ich glaube, dass die nächste Regierung tatkräftig sein muss. Sie muss Entscheidungen treffen und sehr viel anschieben."
Mischa Erhardt, DLF-Wirtschaftsredaktion

Denn die deutsche Wirtschaft ist insgesamt stark, so der Wirtschaftsredakteur. Wir befänden uns zwar in einer Stagnation, allerdings nicht in einem Wirtschaftsrückgang. Von der Krise seien nur einzelne Branchen oder Unternehmen betroffen – und die hätten nun erkannt, dass sie dringend handeln müssen.

Hinweis der Redaktion: In der Folge beschreiben wir ein Video, das wir wohl missverstanden haben. Die Demonstrierenden scheinen "Stahl ist Zukunft!" zu rufen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Jobabbau
Was rettet die deutsche Industrie?
vom 27. November 2024
Moderatorin: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Yusuf Bülbül, Jugendvertreter der IG Metall bei Thyssenkrupp Steel Europe
Gesprächspartner: 
Mischa Erhardt, Deutschlandfunk Wirtschaftsredaktion