Keine Gespräche mit Kollegen, allein in der Mittagspause: Einige fühlen sich im Job einsam, obwohl sie von vielen Menschen umgeben sind. Arbeitspsychologin Sabrina Krauss erklärt, wie es dazu kommt und gibt Tipps, wie wir und Arbeitgeber das ändern.
Ein Bericht des Forschungsinstituts Gallup zeigt, dass sich weltweit jede fünfte Person einsam am Arbeitsplatz fühlt. Aber wie kommt das? Arbeitspsychologin Hannah Schade erklärt, dass die Arbeit eine große Rolle für das Sozialleben spielt: "Mit meinen Kollegen verbringe ich im Schnitt mehr Zeit, als mit jeder anderen Personengruppe. Die Arbeit kann Menschen, die sonst niemanden haben, zu nicht einsamen Menschen machen."
Arbeit kann soziales Zuhause sein – oder auch nicht
Diese sozialen Kontakte im Job können Menschen gesund halten, so die Arbeitspsychologin. Das Gegenteil sei allerdings der Fall, wenn Menschen das Gefühl haben, dass Kolleg*innen sie nicht akzeptieren oder unterstützen und das Vertrauen fehle.
"Es kann sehr einsam machen, wenn ich acht Stunden am Tag und das fünf Tage die Woche unter Leuten bin, bei denen ich mich nicht wohlfühle."
Einsamkeit entstehe dann, wenn die eigenen sozialen Bedürfnisse nicht erfüllt sind, so Hannah Schade. "Die sind grundlegend für alle Menschen, die in Gemeinschaft involviert sind. Das heißt, wir brauchen regelmäßige, positive Interaktionen." Die Beziehungen müssten auch von einer Langfristigkeit geprägt sein, erklärt die Arbeitspsychologin. Entscheidend sei auch gegenseitiges Interesse aneinander und daran, dass es dem oder der anderen gut geht.
Bei der Arbeit bleiben diese positiven Interaktionen schon mal auf der Strecke, wenn Teams besonders gestresst sind oder Miterbeiter gegeneinander ausgespielt werden, so Hannah Schade. Und wenn wir uns unter Stress weniger öffnen, hat das auch einen Effekt auf andere: Sie sind dann möglicherweise auch weniger bereit, ein paar private Worte zu wechseln oder um Hilfe zu bitten.
Corona-Pandemie hat Trends verstärkt
Dass sich immer mehr Menschen im Job einsam fühlen, liegt auch an der Corona-Pandemie, sagt die Arbeitspsychologin. Denn die Pandemie habe bestimmte Trends verstärkt, die schon länger die Arbeitswelt prägen – etwa Flexibilisierung, immer kürzere Arbeitsverträge oder häufig wechselnde Teams. Auch Arbeitsverdichtung, also immer mehr in immer weniger Zeit erledigen zu müssen, spielt eine Rolle.
Es bleibe immer weniger Raum, um sich auszutauschen, zu unterstützen oder neue Kontakte aufzubauen, meint die Expertin. Genau das sei heutzutage aber besonders wichtig.
Wie komme ich aus der Einsamkeit im Job raus?
Aus psychologischer Sicht gibt es Möglichkeiten, gegenzuwirken. Ein erster Schritt ist sei herauszufinden, woher genau die Einsamkeit kommt: "Wenn mir jemand sagt, er oder sie ist einsam im Job, dann würde ich nicht sofort mit einem Ratschlag kommen, sondern erst mal fragen: Wie ist das für dich oder soll das so bleiben?", rät die Arbeitspsychologin Sabrina Krauss. Wenn die Person nichts an der Situation verändern möchte, sollte das so hingenommen werden. Zwang helfe in solchen Fällen nicht, so die Arbeitspsychologin.
Ist Bereitschaft für Veränderung da, dann hilft es zu fragen, was die Person bereits ausprobiert hat, so Sabrina Krauss. Und vielleicht gibt es Dinge, die helfen könnten. Etwa, den Arbeitskollegen oder die Arbeitskollegin fragen, ob sie die Mittagspause zusammen verbringen wollen.
"Andere mal fragen, ob sie nach der Arbeit Lust auf ein After-Work-Getränk haben oder einen Spaziergang in der Mittagspause."
Sollte eine Person allerdings schon viel auf Kollegen zugegangen sein und sich beim Thema Einsamkeit nichts verändert haben, könnte der nächste Schritt eine Therapie sein.
Auch die Unternehmen selbst könnten helfen und für mehr sozialen Kontakt im Kollegium sorgen, findet Sabrina Krauss. Dazu gehört beispielsweise, einen Gemeinschaftsraum einzurichten, in dem Mitarbeitende ihre Pause zusammen verbringen oder sich nach Arbeitsschluss treffen können. Hilfreich seien auch Mental-Health-Programme, "also Services, bei denen man mit Psychologen sprechen kann. Manche Unternehmen haben ja sogar einen Psychologen im Haus, den man konsultieren kann."
After-Work-Aktivitäten und Mentor*innen-Programme
After-Work-Aktivitäten wie Sport-Events oder Team-Abende helfen, ebenso Mentor*innen-Programme. Das heißt, ein Teammitglied ist konkreter Ansprechpartner und hilft einem neuen Mitarbeitenden bei Fragen rund um den Job weiter, aber auch dabei, sozialen Anschluss zu finden.
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