Manche Menschen behalten ihren Job, obwohl sie unzufrieden mit ihm sind. Eine Arbeitspsychologin gibt Tipps, um eine Veränderung zu starten – unter anderem einen psychologischen Trick.

Rund ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland sind mit ihrem Job unzufrieden. Das ist das Ergebnis einer Umfrage durch das Marktforschungsunternehmen Yougov im Auftrag des Technologieunternehmens Slack. Zu ähnlichen Zahlen kam eine Umfrage des Karriereportals Xing aus dem vergangen Jahr.

"Bevor man den Job wechselt, sollte man sich fragen, was genau die Ursache für die Unzufriedenheit ist."
Tabea Scheel, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Europa-Universität Flensburg

In einer Umfrage im Auftrag der Technologie-Konzerne Oracle und Workplace Intelligence aus dem vergangenen Jahr geben 75 Prozent der Befragten an, bereit für Veränderungen im Job zu sein, was allerdings oft mit Hürden verbunden sei, zum Beispiel: Finanzielle Zwänge, mangelndes Selbstbewusstsein, wenig Weiterentwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen und Unwissenheit darüber, welche Veränderungen überhaupt sinnvoll sind.

Letzteren Punkt findet Tabea Scheel besonders wichtig, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Europa-Universität Flensburg. Sie empfiehlt vor einer beruflichen Veränderung eine Analyse der eigenen Situation vorzunehmen: Was bedingt die Unzufriedenheit am meisten? Und liegen meine Probleme wirklich hauptsächlich am Job? "Vielleicht muss ich ja meine Beziehung verlassen und nicht meinen Job wechseln."

Job: Wenn sich die Bedingungen ändern

Wem das schwer fällt, kann womöglich professionelle Hilfe suchen und eine Beratung beim Jobcenter, Karriere- oder Persönlichkeitscoaches, Berufsberaterinnen oder auch Psychotherapeuten in Anspruch nehmen.

Hier wird im besten Fall nicht nur die berufliche Situation analysiert, sondern auch die private. Womöglich kommt heraus: Während früher ein bestimmter Beruf einfach nicht zum Leben gepasst hat, erscheint er heute durchaus realistisch, weil sich die Rahmenbedingungen geändert haben.

Steht der Wunsch fest, an der beruflichen Situation etwas zu verändern, empfiehlt die Arbeitspsychologin Tabea Scheel:

  1. Analysieren und herausfinden, "wo ich hin will". Und nicht nur den Job wechseln, "weil ich vom alten weg will".
  2. Versuchen im bestehenden Job an den Arbeitsbedingungen etwas zu verändern. Womöglich hilft es, zum Beispiel um mehr Flexibilität, andere inhaltliche Aufgaben, mehr Feedback, andere Verhaltensweisen der Führungskraft oder auch mehr Gehalt zu bitten.
  3. Möglichst gut darüber informieren, wie es in anderen Unternehmen oder sogar einer anderen Branche läuft. Vielleicht ist ein Praktikum möglich oder eine flexible Vereinbarung des Kennenlernens. Tabea Scheel sagt: Das ist eine Verhandlungssache. Wenn Unternehmen Mitarbeiter suchen, sind sie oft bereit, den Bewerbern entgegen zu kommen. "Und es ist immer gut, sich mit Menschen zu unterhalten, die dort schon arbeiten und nach ihren Erfahrungen zu fragen."
  4. Manchen Menschen könnte ein gedanklicher Trick helfen, sagt Arbeitspsychologin Tabea Scheel. "Heute ist die Zeit, auf die wir in zehn Jahren zurück blicken." Man könnte sich also fragen: Wie ist die Situation heute aus einer Perspektive von später? Was hätte ich mir in der Zukunft für damals geraten? So könnte aus dem Satz "Hätte ich damals doch nur…" eine Motivation entsteht, jetzt, in der Gegenwart, etwas zu ändern.
Eine Grafik, die Kriterien zur Steigerung der Jobzufriedenheit zeigt
© Avantgarde Experts / Statista
Shownotes
Arbeitsbedingungen
Tipps für mehr Zufriedenheit im Job
vom 17. Dezember 2022
Moderation: 
Ivy Nortey
Gesprächspartnerin: 
Tabea Scheel, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Europa-Universität Flensburg