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Die Bundeswehr hat ein Problem mit dem Rechtsextremismus. Und nun wird wieder über eine Dienstpflicht diskutiert. "Hochnäsig" findet das der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert. Die Frage sei doch eher: Warum schreckt die Bundeswehr so viele davon ab, sich freiwillig zu melden?

Ein Abbild der Gesellschaft ist die Bundeswehr nicht – das zeigt schon das Gefälle zwischen Männern und Frauen in der Truppe, auch wenn das in den letzten Jahren besser geworden ist. Eine Dienstpflicht sei aber nicht die Lösung des Problems, meint der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert.

Er setzt auf das Prinzip der Freiwilligkeit und sagt: Die Bundeswehr sollte sich lieber selbst fragen: "Warum schreckt die Kultur, die wir hier pflegen, eigentlich so viele davon ab, sich freiwillig bei uns zu melden?"

"Es wird ja heute keiner daran gehindert, zur Bundeswehr zu gehen. Jeder kann dort Dienst leisten. Aber viele schließen das für sich aus, weil sie dort ein Umfeld und eine Atmosphäre vermuten, in der sie sich nicht wohlfühlen oder vielleicht auch Diskriminierung erleben müssen."
Kevin Kühnert, Juso-Vorsitzender

Die Werbung der Bundeswehr spreche die Leute nicht ausreichend an. Auch auf ihn wirkten die Spots mit Videospielen nicht sympathisch. Mit Jux und Dollerei könne man nicht ernsthaft für eine Armee werben, findet der SPD-Vize.

Jugendliche sind für die Probleme nicht verantwortlich

Was ihn an der Debatte um die Dienstpflicht besonders stört: Sie fordere einen Einsatz von Jugendlichen, denen es in den vergangenen Jahren ohnehin nicht leicht gemacht wurde.

"Die Jugendlichen, denen jahrelang immer eingetrichtert wurde 'schneller, höher, weiter', denen wird jetzt von einigen Älteren zugerufen 'Tut doch mal was für die Gesellschaft!' Das finde ich ganz schön hochnäsig, ehrlich gesagt."
Kevin Kühnert, Juso-Vorsitzender

Kühnert kritisiert, die Vorschläge kämen von der CDU und damit von der Partei, "die jahrelang dafür eingetreten ist, dass das Hamsterrad schneller wurde – mit Turbo-Abitur, mit Bachelor-Master-System und allen Restriktionen, die damit einher gehen."

Allerdings: Die Debatte um die Wehrpflicht wurde zuletzt von der Wehrbeauftragten und SPD-Politikerin Eva Högl befeuert. Sie sagte in einem Zeitungsinterview, es sei ein "Riesenfehler, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde". Doch dafür erntete sie viel Kritik.

Nicht über die Köpfe der jungen Leute hinweg entscheiden

Kevin Kühnert meint, der Vorschlag um eine Dienstpflicht lege den Verdacht nahe, dass damit vielleicht auch fehlende Zivi-Kapazitäten im Pflegesystem ausgeglichen werden sollten – oder eben ein Problem in der Bundeswehr behoben wird, für das die jungen Leute nicht verantwortlich seien.

"Junge Menschen sind keine Versuchskaninchen, um gesellschaftliche Missstände ausgleichen zu können. Sondern wenn, dann muss die Motivation aus ihnen selbst heraus kommen."
Kevin Kühnert, Juso-Vorsitzender

Statt weiterhin über "die Jugendlichen" zu reden, sollte die CDU lieber direkt mit ihnen sprechen und fragen, "was eigentlich die Hinderungsgründe sind, sowohl dafür zum Bund zu gehen, als auch in die Freiwilligendienste rein zu gehen". Das wäre der erste Schritt, so Kevin Kühnert, bevor man "das im Bundestag wieder rauf und runter debattiert".

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Juso-Vorsitzender zur Dienstpflicht
Kevin Kühnert: "Junge Menschen sind keine Versuchskaninchen"
vom 07. Juli 2020
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Kevin Kühnert, Voritzender der Jusos und SPD-Vize