Zur Finanzierung der Pflegereform sollen Kinderlose mehr zahlen. Viele finden das ungerecht und es gibt Kritik aus mehreren Ecken. Der Versuch einer Abwägung.
Die Bundesregierung hat die Pflegereform auf den Weg gebracht. Sie soll sicherstellen, dass künftig alle Pflegekräfte nach Tarif bezahlt werden. Pflegeeinrichtungen sollen ab September 2022 nur dann mit den Pflegekassen abrechnen können, wenn sie nach Tarifverträgen oder in ähnlicher Höhe bezahlen.
Um Pflegebedürftige von steigenden Zuzahlungen zu entlasten, sollen sie Zuschläge bekommen. Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse fünf Prozent des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent.
"Das Bundesverfassungsgerichts hat 2001 eine ungleiche Beitragserhebung nicht nur erlaubt, sondern mit der Begründung verlangt, dass Eltern zusätzlich einen sogenannten regenerativen Beitrag leisten."
Zur Gegenfinanzierung soll der Bund ab 2022 einen Zuschuss von jährlich einer Milliarde Euro für die Pflegeversicherung geben. Zugleich soll der Zuschlag für Kinderlose beim Pflegebeitrag um 0,1 Punkte auf künftig 0,35 Prozentpunkte angehoben werden. Damit erhalten die Pflegekassen jährlich 400 Millionen Euro zusätzlich.
Verbesserung für Altenpflegekräfte
Bei einem Bruttoeinkommen von 4000 Euro kommen Mehrkosten von neun Euro monatlich auf Kinderlose zu, rechnet Gudula Geuther aus dem Dlf-Hauptstadtstudio vor. Dabei hat sie die paritätische Finanzierung der Pflegeversicherung eingerechnet.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte die Reform gegen massive Kritik. Der Minister erwartet, dass Hunderttausende Pflegekräfte von der neuen Pflegereform durch bessere Bezahlung profitieren werden. Das gelte vor allem für Ostdeutschland, wo viele Pflegekräfte bislang ohne Tarifvertrag beschäftigt seien, sagte der Minister. Er bezifferte das Gesamtvolumen der Pflegereform auf insgesamt drei Milliarden Euro.
Keine Strafe, Versuch eines Ausgleichs
Angesichts der rechtlichen Grundvoraussetzungen sei es gut möglich, dass Kinderlose in Zukunft auch bei Rente oder Krankenversicherung stärker belastet werden, sagt Gudula Geuther. Vor dem Bundesverfassungsgericht laufe noch eine Verfassungsbeschwerde in dieser Sache.
Den Einwand, dass ungewollt kinderlose Menschen damit bestraft werden, sei kein tragendes Argument. Es gehe eben nicht um Strafe, sondern um einen Ausgleich für die tatsächliche Belastung.
"Man kann sagen: Na ja, Kindererziehung ist auch ein Beitrag. Also eine klare Gerechtigkeitsantwort gibt es da meines Erachtens nicht."
Über die Pflegereform haben wir In einem zweiten Gespräch mit einer Krankenpflegerin gesprochen. Nina Böhmer findet mehr Geld ist ein guter Ansatz, bei Arbeitsbedingungen und Personalbindung sei aber noch Luft nach oben. Dieses Gespräch könnt ihr mit einem Klick auf Play anhören.
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