Modetrends sind nichts Neues; sie kommen und gehen. Aber manche Trends wollen zugleich auch Körperformen diktieren. Zum Beispiel der "Heroin Chic". Laut des US-Boulevardblattes New York Post ist die Mode zurück – daran gibt es reichlich Kritik. Auch von der britischen Schauspielerin Jameela Jamil.
Der "Heroin Chic" prägte vor allem am Ende der 1990er-Jahre und am Anfang der Nullerjahre die Modewelt mit. Es waren Models gefragt, die extrem dünn waren. "DAS Gesicht dieses Trends war damals Supermodel Kate Moss", sagt unsere Reporterin Anke van de Weyer.
Zum "Heroin Chic" gehört ein extrem flacher Bauch; herausstehende Hüftknochen und Schlüsselbeine; dünne Arme; hervorstehende Wangenknochen und Augenringe. "Außerdem einfach so wenig Körperfett wie möglich", sagt Anke van de Weyer.
Extrem dünne Frauenkörper als "Trend"
Im Jahr 2009 brachte Kate Moss in einem Interview mit der Website Women's Wear Daily das Gefühl des "Heroin Chic" wie folgt auf den Punkt: "Nothing tastes as good as skinny feels." (Auf Deutsch in etwa "nichts schmeckt so gut wie sich dünn sein anfühlt".) Das Model bereute später den Satz, so unsere Reporterin.
"Der 'Heroin Chic' beschreibt keinen Modetrend, sondern eine Körperform. Das lässt sich nicht einfach an- und wieder ausziehen."
Dass es Trends in der Modewelt gibt, ist nichts Neues. Aber als die Boulevard-Zeitung New York Post den "Heroin Chic" wieder ausrief, gab es heftige Kritik im Netz.
Denn der "Heroin Chic" stehe nicht "nur" für einen Modetrend, sondern eine bestimmte Form des Frauenkörpers, so Anke van de Weyer. Hinzu komme, dass vor allem der "Heroin Chic" wie keine andere Körperform für die sogenannte "Diet Culture" stehe. "Der Glaube, dass dünne Körper mehr wert sind als dicke Körper."
Kritisiert wird auch die Bezeichnung "Heroin CHIC", denn diese verherrliche harten Drogenkonsum. Der fast schon ausgemergelte "Look" kann eben auch Folge von Heroin-Konsum sein.
Modetrends und Essstörungen
Auf Instagram meldete sich zum Beispiel die britische Moderatorin und Schauspielerin Jameela Jamil zu Wort. Sie kritisiert immer wieder die Mode- und Schönheitsindustrie. Statt "Heroin Chic" ruft sie zum "Not Hungry Chic" auf. Bereits in den 1990er-Jahren hätten Millionen von Menschen bei "Heroin Chic" mitgemacht und eine Essstörung entwickelt. Jameela Jamil zählt sich selbst dazu.
Sie sagt: "We're not doing this again. We're not going back. Our bodies are not trends. Our body-shapes are not trends. Fuck Off."
"Wirkliche körperliche Diversität gibt es in der Modeindustrie immer noch kaum."
Der Grund, warum die New York Post überhaupt ein Comeback des "Heroin Chic" ausruft, ist, dass die Mode aus dieser Zeit wieder zurück ist, so Anke van de Weyer. "Inklusive Hüfthosen, an die sich viele Menschen nicht gerne erinnern."
Aber Mode lässt sich durchaus adaptieren, findet Model und Instagramerin Julia Kremer. Es gibt keinen Grund, deshalb den Dünnheitswahnsinn zu wiederholen. "Du kannst es schaffen, diese Mode auf große Körper zu adaptieren und es sieht gut aus. Das kann man schaffen", sagt Julia Kremer, die sich auch gegen Gewichtsdiskriminierung einsetzt. "Aber was ich aktuell in den Läden gesehen habe, ist so, dass man gar nicht mehr reinpasst."
Aber kritische Töne sollt es nicht nur beim "Heroin Chic" geben, findet unsere Reporterin Anke van de Weyer. Denn in Sachen Mode geht es letztlich weiterhin allein um dünne Körper. Mal mehr, mal weniger dünn. Echte körperliche Diversität fehle weiterhin.
Lasst euch helfen!
Wenn ihr an einer Essstörung leidet oder ein lieber Mensch oder Familienmitglied daran erkrankt ist, könnt ihr euch an verschiedene Beratungsstellen wenden. Eine Auswahl:
Waage e.V. – Fachzentrum für Essstörungen in Hamburg
Therapienetz Essstörung
Cinderella e.V.
Viele Informationen rund um das Thema findet ihr außerdem auf der Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).