Aus den USA kommt harsche Kritik an China. Unter anderem vertusche das Regime den Ursprung des neuartigen Coronavirus. Peking reagiert mit Gegenvorwürfen. Aber auch in China gibt es Nachfragen an die eigene Regierung.

Die USA werfen China Vertuschung vor. Das Regime halte Informationen über den Ursprung des Coronavirus zurück. Außerdem habe China zunächst die Gefahren durch das neuartige Coronavirus heruntergespielt.

Chinas Staatsmedien wiederum weisen die Vorwürfe aus Washington als Lüge und Verleumdung zurück, sagt Kristin Shi-Kupfer vom Mercator Institute for China Studies. Zwischenzeitlich hatte Chinas Regierung erklärt, das Coronavirus komme aus Italien.

Gegenseitige Vorwürfe als politisches Manöver

In den vergangenen Tagen habe sich ein Wettstreit der Narrative entwickelt, sagt Kristin Shi-Kupfer. "Die offenen Fragen werden für innenpolitische Zwecke genutzt." Und zwar auf beiden Seiten - in den USA auch im Hinblick auf die Wahlen im November.

"Die offenen Fragen werden für innenpolitische Zwecke genutzt."
Kristin Shi-Kupfer, Mercator Institute for China Studies

Die Vorwürfe machten aber auch deutlich, dass es weiterhin ungeklärte Fragen gibt.

Auch in China selbst werde im Rahmen des Möglichen diskutiert. Einige Journalisten und Journalistinnen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler würden die offiziellen Informationen hinterfragen.

"Dabei geht es in der Tat um den Ursprung des Virus", sagt Kristin Shi-Kupfer. Denn ein Großteil der ersten Infektionsfälle, die in China bekannt wurden, hängen wohl nicht mit dem Tiermarkt in Wuhan zusammen. Es gebe aber auch Nachfragen zu den ersten Reaktionen der Regierung nach Ausbruch des Virus.

Kritische Stimmen in China

Eine offene Diskussion über die Fragen ist in der Volksrepublik nicht möglich. Zu viel Kritik lässt Peking nicht zu. "Aber fest steht, dass diese Fragen anhaltend gestellt werden", sagt Kristin Shi-Kupfer, und zwar auch von Menschen in Wuhan.

Dazu gehört zum Beispiel die Journalistin Fang Fang, die in ihrem Tagebuch immer wieder die Frage nach Verantwortlichkeiten gestellt hat.

Ob jemals eindeutig der Ursprung des Coronavirus geklärt wird - da bleibt die China-Expertin zurückhaltend.

"Sicherlich wurden am Anfang Beweise sichergestellt. Wo die jetzt sind, ist fraglich."
Kristin Shi-Kupfer, Mercator Institute for China Studies

Das Regime habe sicherlich zu Beginn Beweise gesammelt, doch was dann damit passierte, sei unklar. China sei durchaus dafür bekannt, Informationen zurückzuhalten.

Shownotes
Kritik aus den USA
Ursprung des Virus: Auch in China gibt es Nachfragen
vom 05. Mai 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Kristin Shi-Kupfer, Mercator Institute for China Studies