Wir lieben es, achtsam zu sein. Aber zum Thema Achtsamkeit geistert auch viel Kritik durchs Netz. Was davon berechtigt ist und was nicht, besprechen Main Huong und Diane Hielscher in dieser Folge von Achtsam.

Dem Konzept der Achtsamkeit stehen viele Menschen kritisch gegenüber. Main Huong Nguyen und Diane Hielscher nehmen sich einige Punkte nacheinander vor. Zum Beispiel der Vorwurf: Achtsamkeit hat Nebenwirkungen.

Es heißt, dass Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung beim meditieren retraumatisiert werden können. Das bedeutet, sie können, wenn sie mit sich in die Stille gehen, alles, was sie traumatisiert hat, wieder hochholen und damit schlimmer machen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Fall eintritt liegt in der Allgemeinbevölkerung zwischen 1,5 und 2,3 Prozent. Aber Main Huong hat eine Studie aus dem Jahre 2021 mitgebracht, die nachweist, dass Menschen tatsächlich retraumatisiert werden.

"Was aber unfair war: In den Zeitungsartikeln zu der Studie wurde nicht gesagt, dass alle Probanden und Probandinnen beschreiben, dass sie wesentliche Verbesserungen erlebten."
Main Huong, Psychologin

Es geht außerdem um den Kritikpunkt, dass Achtsamkeit uns alle zu Egoisten mache. Tatsächlich sorgt aber Meditation und alles, was mit Achtsamkeit zu tun hat, für mehr Mitgefühl und mehr Kapazitäten, um anderen zu helfen, um sie anzulächeln und für sie da zu sein.

Keine Konsumpflicht

Manche sagen, Achtsamkeit wäre ihnen zu spirituell, andere sagen, ihnen fehlt die Spiritualität, wenn man einfach so vor sich hin meditiert, ohne es in einen Sinnzusammenhang zu stellen. Und wieder andere sprechen vom Ausverkauf der Achtsamkeit, weil es T-Shirts, Tassen, teure Kerzen, Meditationskissen und Millionen von Büchern dazu gibt.

"Achtsamkeit, als Fähigkeit, als Geistestraining ist etwas, wofür man gar nichts braucht."
Main Huong, Psychologin

Es ist, was wir draus machen – wenn wir Meditationskissen für 400 Euro kaufen wollen, dann können wir das. Wir haben die Freiheit dazu. Aber wir müssen gar nichts kaufen. Atmen, Meditieren und Gefühle fühlen ist völlig kostenlos. Es ist unsere Entscheidung.

Ihr habt Anregungen, Ideen, Themenwünsche? Dann schreibt uns gern unter achtsam@deutschlandfunknova.de

Empfehlungen aus dem Beitrag:
  • David A. Treleaven. Traumasensitive Achtsamkeit: Posttraumatischen Stress erkennen und vermindern. Arbor Verlag.
  • Achtsamkeit Survival-Kit: Fünf grundlegende Übungen. Thich Nhat Hanh. O.W. Barth Verlag