Das Netz ist voll von kinderpornografischem Material - es soll sich um mehrere Terabyte handeln. Wenn Polizistinnen und Staatsanwälte dieses Material nach und nach auswerten wollten, würde das extrem lange dauern. In Nordrhein-Westfalen wird deshalb jetzt die Auswertung mit Künstlicher Intelligenz getestet.
Mithilfe Künstlicher Intelligenz, eines Algorithmus, können Fotos und Videos im Netz viel schneller ausgewertet werden, sagt Moritz Küpper, Deutschlandfunk-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen (NRW). Bislang untersuchen Polizistinnen, Beamte und Staatsanwälte das Material – einzeln nacheinander. Die Datenmenge ist riesig und Experten gehen davon aus, dass die Menge weiter anwachsen wird.
Assistenz für die Polizei
Mit einer Software könnte sich diese Menge besser bewältigen lassen. Sie übernimmt dabei die eine Art Assistenzfunktion. Dadurch sollen Polizisten und Staatsanwältinnen nicht ersetzt werden, erklärt Oberstaatsanwalt Markus Hartmann. Er ist Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen, die das Projekt betreut.
"Ziel dieses Projektes ist es nicht, am Ende einen automatisierten Staatsanwalt oder Robocop zu schaffen. Der Algorithmus macht eine Vorauswahl und klassifiziert sie nach Wahrscheinlichkeit für Kinderpornografie."
Das Ziel ist vielmehr: Mithilfe des Tools sollen Staatsanwaltschaft und Polizei nur noch die Bilder bewerten müssen, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit der Kinderpornografie vorliegt, sagt Markus Hartmann. Dank dieser Vorauswahl müssen die Polizistin oder der Staatsanwalt dann nur noch die Bilder auswählen, die kinderpornografisch relevant sind.
KI kann mehr Kinderpornografie schneller auswerten
Ein weiterer Vorteil der Künstlichen Intelligenz: Sie kann mehr Daten bewältigen, weil sie nicht Bilder nacheinander auswertet wie der Mensch, sondern mehrere Fotos gleichzeitig.
KI in der Testphase
Teilweise sei bereits eine Software im Einsatz, die nach dem digitalen Fußabdruck eines Fotos im Netz sucht, das eindeutig als Kinderpornografie eingestuft wurde. Die neue Software soll aus einer Masse an Fotos Kinderpornografie herausfiltern und analysieren. Diese Software befinde sich aber noch in der Testphase, sagt Moritz Küpper.
Getestet wurde die Software an Katzen- und Hundefotos und an pornografischen Bildern, die zur Kategorie "strafbar" gehören. Jetzt kommt eine Testphase, in der kinderpornografisches Material ausgewertet werden soll.
Technische Lösung für rechtlichen Rahmen
Bevor es losgehen konnte musste, allerdings ein rechtliches Problem gelöst werden. Denn das Material wird in der Cloud gespeichert und gesichert. Dagegen erhob die Justiz Einspruch: Weil gewährleistet werden müsse, dass kein Dritter Zugriff darauf hat. Jetzt werden die Bilder in für das menschliche Auge nicht mehr erkennbare, sehr kleine Pixel umgerechnet. So werde sichergestellt: Wer die veränderten Daten in der Cloud findet, kann nichts erkennen, sagt Moritz Küpper. Die Ermittlungsbehörden und die Staatsanwaltschaft könnten aber weiter damit arbeiten.
"Die Ermittlungsbehörden und das Innenministerium feiern die Künstliche Intelligenz als eine Art Durchbruch bei der Ermittlung von Kinderpornografie."
Ende März waren in NRW nur 12 Prozent von den rund 1900 anhängigen Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie in der Auswertung. 557 Durchsuchungsbeschlüsse wurden noch nicht vollstreckt. Dank des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz soll künftig sichergestellt werden, dass Ermittler nicht mehr so stark hinterherhinken.
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