Alles immer kaufen können? Das war mal. Wegen Warnstreiks in der Branche gibt es mehr und mehr Engpässe in Supermärkten. Kundinnen und Kunden, die bestimmten Marken treu sind, spüren das besonders.
Mal gibt es keine Küchenrolle, mal die Bio-Gurke nicht - nicht alle Punkte auf der Einkaufsliste lassen sich derzeit einfach abhaken. Zu dem Gefühl, wegen der gestiegenen Preisen weniger zu bekommen, gesellt sich jetzt auch noch das Problem, dass nicht mehr alles im Regal liegt, was man möchte – zumindest im Lebensmitteleinzelhandel.
Grund für die Lücken im Sortiment sind die Tarifauseinandersetzungen in der Branche, erklärt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven – und zwar in allen Bundesländern. Angefangen hat es in Süddeutschland, dann sind die Lieferengpässe auch beim Einzelhandel in Westdeutschland angekommen, "inzwischen sind fast alle betroffen", sagt er.
Kleine Händler, größere Probleme
Die momentanen Warnstreiks wirken sich nämlich auch auf die Zentrallager aus. Für die kleineren Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel sind die Streiks besonders schwierig. Sie haben geringere Lagerflächen als die großen. Manche der kleinen Händlerinnen und Händler haben bereits ihre Öffnungszeiten eingeschränkt, berichtet Nicolas Lieven.
Klar, mit etwas Flexibilität wäre das Problem oft schon aus der Welt: einfach ein anderes Produkt kaufen und gut ist. Die Markentreue der Konsumierenden ist aber groß, so der Wirtschaftsjournalist, und die Abhängigkeit des Einzelhandels von Markenherstellern auch: "Marken sind für Supermärkte so wichtig, weil wir Kundinnen und Kunden einfach so markentreu sind."
"Supermärkte machen etwa 60 bis 70 Prozent der Umsätze mit Markenprodukten."
Nicolas Lieven weist auf die Auseinandersetzung zwischen Edeka und der Kellogg Company hin: Gerade hat Edeka den Zerealienhersteller auf Schadenersatz verklagt (Stand 11.11.2023). Der Grund: Kellogg hatte deutlich höhere Preise aufgerufen, Edeka wollte das nicht akzeptieren, Kellogg stellte daraufhin die Lieferungen ein, Edeka verlor dadurch Geld.
Denn: Insgesamt werden deutlich über die Hälfte des Umsatzes in Supermärkten mit Markenprodukten erwirtschaftet. Ob Waschmittel, Tierfutter oder Drogerieartikel: Hier sind Kundinnen und Kunden besonders an bestimmte Hersteller gebunden, erklärt Nicolas Lieven.
Anhaltender Tarifstreit
Er geht davon aus, dass die beschriebenen Mangeleffekte im Einzelhandel noch bis ins neue Jahr andauern. Wer also für Weihnachten etwas ganz Besonderes braucht, das sich so lange lagern lässt, sollte sich schon jetzt danach umsehen, rät er. Der Tarifkonflikt werde wohl noch dauern, nimmt er an.
"Da müsste es einen Durchbruch geben bei diesen Tarifverhandlungen, so sieht es im Augenblick nicht aus."