Nie hatte Barbara Yelins Großmutter über ihre Zeit als junge Frau in London gesprochen. Der Nachlass ihrer Großmutter öffnet der Zeichnerin die Augen, und sie beginnt deren Geschichte in Bilder umzusetzen.
"Irmina" heißt der Comicroman von Barbara Yelin, in dem sie die Geschichte ihrer Großmutter nachzeichnet. Die ging 1934 nach London, um sich dort zur Fremdsprachensekretärin ausbilden zu lassen. Die junge Irmina liebt das Großstadtleben in London. Doch richtig Anschluss findet sie dort nie. Bis auf den jungen Oxfordstudenten Howard aus Barbados.
Der seichte Übergang zum Mitläufertum
Hilter ist an der Macht und Nazi-Deutschland bestimmt die Schlagzeilen der englischen Presse. Irmina interessiert sich nicht dafür. Als die politische Lage immer angespannter wird, spürt sie, wie sich die Menschen immer mehr zurückziehen - bis auf Howard. Er hilft ihr. Doch sie hat in London keine Zukunft mehr, sie kehrt zurück nach Deutschland.
"Irmina" von Barbara Yelin ist die Geschichte einer Frau, die mit 19 von
Freiheit träumt, sich dann aber an ein System anpasst, dass sie zur Mitläuferin
macht. Die Nazis wollen die Weltherrschaft - und Irmina guckt zu.
Wenig Licht, viel Schatten
Mit dichten, schönen Graphitzeichnungen macht Barbara Yelin wenig Licht
und viel Schatten sichtbar. Beklemmend ist Irminas Welt, festgehalten in
Kästchen, eng und dunkel, grau, schwach coloriert. Und dennoch ist alles in
Bewegung: Haare, Gardinen, Zigarettenqualm. Sprechblasen tauchen auf wie kleine
Wasserflecken auf dem Tischtuch.
Was wäre, wenn?
Irmina hofft lange, nach England zurückkehren zu können, als Übersetzerin, ins deutsche Konsulat. Sie hofft vergebens, es wird ihr verwehrt. Bis sie Howard wiedersehen wird, werden viele Jahre vergehen, Jahre, in denen sie sich - wie viele andere ihrer Generation auch - fragen muss: "Was wäre passiert, hätte ich mich anders entschieden und für meine Freiheit gekämpft?!"