"Ohrfeige" heißt der neue Roman von Abbas Khider. Es ist eine Geschichte vom Warten und Hoffen: warten auf Anhörungen und Bescheide, hoffen auf Anerkennung als Flüchtling. Und als Mensch.
Viel Geld bezahlt Karims Vater dem Schlepper: 5000 Dollar. Und noch mal 4000 Dollar zahlt er, wenn alles gut geht. Karim ist 19 Jahre alt, als er Ende 2000 Bagdad verlässt. Er möchte nach Paris, aber als er aus dem Laderaum des Mintransporters springt, landet er mitten in der bayrischen Provinz.
Willkommen fühlt sich Karim nicht: Eingepfercht in Notunterkünften, verbringt er wenig Zeit mit Deutschen, sondern vor allem mit Leidensgenossen. Gemeinsam trinken sie Tee, rauchen unzählige selbst gedrehte Zigaretten und gehen spazieren. Ab und zu kommt es zu Prügeleien. Später arbeitet Karim schwarz auf einer Baustelle. Manche von seinen Freunden fangen an zu stehlen. Andere prostituieren sich.
Nach dem 11. September ändert sich vieles
Plötzlich ist Karim den deutschen Behörden nicht mehr nur lästig, weil er als Asylsuchender ihre Zeit in Anspruch nimmt. Plötzlich ist er auch verdächtig, weil er Iraker ist. Und das, obwohl er sich den Bart abrasiert hat. Krieg in Afghanistan. Krieg im Irak. Karim wartet weiter: auf eine Aufenthaltsgenehmigung, auf eine Arbeitserlaubnis, auf eine Operation.
Zum Abschied eine kräftige Ohrfeige
Doch dann kommt dieser grüne Brief und Karim beschließt, weiter zu fliehen. Dieses Mal aus Deutschland. Drei Jahre und vier Monate hat Karim in Deutschland verbracht. Jetzt wird er es wieder verlassen, notgedrungen, aber nicht, ohne sich vorher von der Sachbearbeiterin Frau Schulz zu verabschieden: mit einer kräftigen Ohrfeige.
Bedrückende Vision wird Wirklichkeit
Menschen fliehen vor Krieg, Terror, Folter, Demütigung, Missbrauch und Perspektivlosigkeit - auch nach Deutschland. Um in sicherer Umgebung Luft zu holen, Kraft zu tanken und sich ein neues Leben aufzubauen. Und mit der Hoffnung, irgendwann einmal in die Heimat zurückkehren zu können. Als der Iraker Abbas Khider seinen Roman "Ohrfeige" geschrieben hat, ahnte er nicht, wie aktuell sein Buch im Jahr 2016 sein würde.