Erstmals seit 35 Jahren gibt es in Deutschland einen Ausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS). In Brandenburg ist eine Wasserbüffelherde betroffen. Noch ist das Ausmaß unklar. Landwirte der Region sorgen sich, dass die Seuche auch sie einholen könnte.
Zum ersten Mal seit 1988 ist das Maul-und-Klauenseuche-Virus (MKSV, englisch: Foot-and-mouth disease virus, abgekürzt FMDV) in Deutschland aufgetaucht – bei einer Herde von Wasserbüffeln in Hönow im brandenburgischen Landkreis Märkisch-Oderland, das ist kurz hinter der Berliner Stadtgrenze. Bekannt geworden war das Ganze am 9. Januar, infiziert waren die Tiere waren offenbar seit etwa Mitte Dezember.
Drei Tiere sind an der Seuche verendet, die anderen acht aus der Herde wiesen laut Befund der Veterinäre vor Ort Symptome auf (und waren tatsächlich auch alle infiziert, wie später nachgewiesen wurde). Sie wurden vorsorglich getötet – genauso wie in der Folge auch andere Tierbestände in der Region, darunter 170 Schweine sowie 55 Ziegen und Schafe sowie drei Rinder.
Das MKS-Virus ist hochinfektiös
Denn das Virus ist hochinfektiös. Mit der Tierseuche anstecken können sich Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe und Rehe, aber auch Elefanten, Ratten und sogar Igel. Theoretisch können sich auch Haustiere infizieren – sie werden aber nicht krank, können das Virus aber weitergeben.
Auch wir Menschen können uns theoretisch bei Tieren oder über tierische Produkte mit dem MKS-Virus infizieren. Es gibt wenige Einzelfälle in der Literatur, wo sich Menschen durch Kontakt mit einer Afte eines Tieres eine Entzündung eingefangen haben, sagt Martin Beer vom Friedrich-Löffler-Institut, dem offiziellen deutschen Forschungsinstitut für Tiergesundheit
"Die Aussage ist ganz klar: Dieses Virus ist für den Menschen ungefährlich."
Das ist zwar positiv für uns Menschen. Für viele Landwirt*innen ist der Ausbruch trotzdem eine sehr schlimme Nachricht – für Hans-Christoph Peters zum Beispiel, denn sein Hof liegt nur etwa zehn Kilometer entfernt von der infizierten Büffelherde.
"Joa, da hab ich gedacht: Jackpot. Auf jeden Fall. Und natürlich auch gleich Existenzängste."
Die zuständige Behörde in Brandenburg hat eine Sperrzone von drei Kilometer Radius und eine Überwachungszone von zehn Kilometer Radius um den betroffenen Betrieb eingerichtet. Ein Bauzaun soll verhindern, dass sich Wildtiere mit der MKS anstecken.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen
Um zu verhindern, dass sich die Maul- und Klauenseuche ausbreitet, muss Hans-Christoph Peters aktuell auf einiges achten. Betriebsfremde dürfen gar nicht mehr auf den Hof. Nur noch der Tierarzt darf kommen – um Blut abzunehmen zum Beispiel.
Hans-Christophs Schweine leben in Freilandhaltung. Um nachzuweisen, dass sie nicht infiziert sind, muss ihnen gerade regelmäßig Blut abgenommen werden. "Schweinebluten" nennen Landwirte das. Es ist nämlich kein kleiner Piks wie bei uns Menschen, sondern ziemlich aufwendig: Man untersucht das Blut, um festzustellen, ob Antikörper enthalten sind, erklärt Hans-Christoph. Den Erreger, also das Virus an sich kann man nicht feststellen, aber eben die Antikörper, die vielleicht dagegen gebildet wurden.
"Tierischer Stress" für die Schweine
Für Mensch und Tier sei das kein Spaß, sondern Stress pur. Er poste viele Sachen im Netz, Schweinebluten habe er sich aber noch nie getraut, weil er Angst vor einem Shitstorm hat, erzählt Hans-Christoph.
"Gerade für Schweine ist es tierischer Stress. Also das ist wirklich… Wow. Also das ist auch nicht selten, dass Tiere einfach umfallen vor Stress."
Hans-Christoph macht sich Sorgen um seine Tiere. Er züchtet Bullen, die er zum Beispiel an Besamungsstationen verkauft. Einer seiner besten Bullen – „Hoeneß“ – war so gefragt, dass er heute noch auf ihn angesprochen werde, erzählt er uns. Wenn solche Tiere getötet werden, sind sie für einen Züchter wie Hans-Christoph fast unersetzbar.
Manche Tiere sind praktisch unersetzbar
In der Schweinezucht gehe das noch, aber vor allem in der Rinderzucht sei der Austausch von verlässlichen Tieren extrem schwer, erzählt Hans-Christoph.
"Du kannst nicht einfach zu einem anderen Züchter gehen und sagen: Gib mir mal deine gute Kuh. Erstens macht das keiner – und zweitens: Wenn du die beste Kuh hast, wo willste denn die noch bessere herkriegen?"
Wie sich die Wasserbüffel in Hönow infiziert haben, ist noch nicht ganz klar. Wissenschaftler*innen vom Friedrich-Löffler-Institut sind gerade dabei, das aufzuklären.
Puzzlespiel und Detektivarbeit
Herauszufinden, wo diese Infektion angefangen hat, ist eine richtige Detektivarbeit. Es gehe darum, das Puzzlespiel zu vervollständigen und herauszufinden, wie das Virus nach Hönow kam, erklärt Carola Sauter-Louis vom Friedrich-Löffler-Institut.
"Man fängt mit den Beständen an, die in der Umgebung liegen. Weil wir auch nicht wissen, ob dieser Fall in Hönow unser Index-Fall war."
Index-Fall ist sozusagen der erste Fall. Genauso kann es aber natürlich sein, dass ein vorher ebenfalls bereits infizierter Bestand die Büffel in Hönow angesteckt hat, erklärt Carola Sauter-Louis.
Den Forschenden helfen sogenannte Virusgenom-Untersuchungen. Mit diesen konnten sie bereits herausfinden, dass der Virustyp, der für die Infektionen verantwortlich ist – der "Serotyp 0" – besonders im Nahen Osten und in Asien vorkommt. Wie genau dieser jetzt den Weg nach Brandenburg gefunden hat, ist aber eben noch unklar.
Impfung gegen MKS ist in der EU verboten
Es gibt tatsächlich auch eine Impfung gegen die Maul- und Klauenseuche. Doch diese ist in der EU seit 1991 verboten. Weil man den Ausbruch von 1988 erfolgreich unter Kontrolle gebracht hatte und Deutschland seitdem als MKS-frei galt, hat man damals entschieden,dass es unverhältnismäßig ist, Tiere vorsorglich zu impfen, wenn es gerade keine Ausbrüche gibt.
Denn das ist einerseits teuer und andererseits Stress für die Tiere. Zudem sind auch die Auflagen, Fleisch oder Milch von geimpften Tieren zu verkaufen, ziemlich groß.
Folgen und Internationale Reaktionen
Der Deutsche Raiffeisenverband, ein großer Dachverband der Agrar- und Ernährungswirtschaft, schätzt, dass die Agrarwirtschaft wegen des Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche schon über eine Milliarde Euro Verlust gemacht hat. Laut Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir kommen für die Schäden der Landwirte erst einmal die Tierseuchenkassen der Bundesländer auf. Landwirt Hans-Christoph möchte sich auf diese finanziellen Hilfen aber nicht verlassen, sagt er.
Das südkoreanische Landwirtschaftsministerium hat sämtliche Schweinefleischimporte aus Deutschland verboten. Großbritannien und Mexiko haben ein Importverbot für Huftiere aus Deutschland, die Niederlande ein landesweites Transportverbot für Kälber verhängt. Vom 17. bis 26. Januar findet in Berlin die Grüne Woche statt. In den Hallen gibt es keine Ställe mit Paarhufern. Einige Landwirte meiden die Grüne Woche sogar – aus Angst, sich dort die MKS einzufangen und in den heimischen Betrieb zu bringen.
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