Seit 1. Januar gilt in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG): Unternehmen mit Sitz in Deutschland müssen darauf achten, dass ihre Lieferanten weltweit Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Das Gesetz ist umstritten.

Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt für Unternehmen ab 3000 Beschäftigten, die in Deutschland ihren Hauptsitz haben. Bei diesen großen Unternehmen kommen schnell mehrere hundert Partner, Dienstleister und Zulieferer zusammen, die dem Unternehmen zuarbeiten und Teil der Lieferkette sind, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.

"Bei großen Unternehmen haben wir ganz schnell mehrere hundert andere Unternehmen, die da angeschlossen sind. Und das muss jetzt alles dokumentiert und veröffentlicht werden."
Nicolas Lieven, Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsjournalist

Die Unternehmen müssen eine Risikoanalyse durchführen und für alle Teile dieser Kette nachweisen, dokumentieren und veröffentlichen:

  • Wer sind diese Partner, Dienstleister und Zulieferer? Woher beziehen sie ihre Teile und Rohstoffe?
  • Werden die Menschenrechte eingehalten? Sind etwa Sklaverei und Kinderarbeit verboten und wird das auch kontinuierlich kontrolliert? Werden angemessene Löhne bezahlt? Sind die Mitarbeitenden aller am Prozess beteiligten Unternehmen geschützt?
  • Werden Umweltstandards eingehalten und die Zerstörung der Natur aktiv verhindert? Wie sieht es zum Beispiel mit dem Müll aus, der bei der Produktion anfällt, etwa mit gefährlichen oder gar verbotenen Chemikalien?

Smartphone: Rohstoffe aus aller Welt

Beispiel Smartphone: Die dafür nötigen Erze (etwa Tantal, Zinnerz, Kobalt oder Lithium) kommen oft aus kleinen Minen in afrikanischen oder südamerikanischen Ländern. Die Vorwürfe: Steinschlag, fehlende Schutzausrüstung, schwerste körperliche Arbeit, schlechte Sauerstoffversorgung, Kinderarbeit.

Aus den Abbau-Ländern werden die Erze oft in asiatische Länder transportiert, wo sie verhüttet werden, anschließend dann in eine Elektronikfabrik nach China. Von dort wird das Produkt nach Deutschland verschifft.

Sollte ein Unternehmen viele verschiedene Missstände feststellen, wird nicht erwartet, dass alle sofort und zeitgleich abgestellt werden, erklärt Nicolas Lieven. Aber es wird erwartet, dass Maßnahmen ergriffen werden. Wenn das nicht passiert, drohen Bußgelder – je nach Schwere des Vergehens bzw. Nicht-Handelns acht Millionen Euro oder zwei Prozent des jährlichen Umsatzes.

"Ich sage jetzt schon mal voraus: Bis es so weit kommt, wird das sehr, sehr lange dauern. Oder die Fälle müssen wirklich eklatant sein."
Nicolas Lieven, Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsjournalist

Die Kritik von Menschenrechtler*innen und Umweltschützer*innen ist laut: Das deutsche LkSG sei nicht streng und langfristig wirksam genug.

  • Unternehmen mit unter 3000 Beschäftigten, von denen es gerade im Textilbereich sehr viele gibt, sind außen vor.
  • Eine zivilrechtliche Haftung mit Entschädigung der Opfer ist ausgeschlossen.
  • Bei den Umweltauflagen werden zwar bestimmte Schadstoffe und Abfälle wie etwa Quecksilber in den Blick genommen – nicht dagegen das Artensterben und der Klimaschutz, sagen Umweltverbände.

Auch europäisches Lieferkettengesetz geplant

Parallel zum deutschen ist auch ein europäisches Lieferkettengesetz geplant. Die Standards sollen härter sein als jetzt beim deutschen Gesetz, wesentlich mehr Firmen sollen davon betroffen sein und auch Klimawandel und Artenvielfalt integriert werden. Nicht wenige Staaten wettern dagegen, die Lobbyist*innen laufen in Brüssel Sturm, sagt Nicolas Lieven.

Man muss also noch abwarten, wie scharf das Gesetz am Ende tatsächlich ausfällt. Im Mai wird noch einmal neu darüber verhandelt.

Info: Unser Bild oben zeigt ein Kind, das in einer Kobaltmine im Kongo arbeitet (undatierte Aufnahme von Amnesty International).

Shownotes
Lieferkettengesetz
Gesetz soll Menschenrechte und Umweltstandards fördern
vom 02. Januar 2023
Moderation: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartner: 
Nicolas Lieven, Deutschlandfunk-Nova-Wirtschaftsjournalist