Ängste und Zwänge sind weit verbreitet. Wer stark darunter leidet, kann sich in eine Therapie begeben, die recht schnell Hilfe verspricht. Erlerntes Verhalten wird dabei durchbrochen und ein neuer Umgang mit dem Auslöser, beispielsweise von Ängsten, gelernt.

Wenn man nicht mehr ins Flugzeug steigt, weil die Angst vor dem Fliegen zu groß ist, oder das Haus gar nicht mehr verlässt, weil der Herd oder die Kaffeemaschine noch an sein könnten, dann ist das ziemlich lebenseinschränkend. Die Expositionstherapie soll dagegen helfen.

In der Psychotherapie geht es bei der "Exposition" darum, Patient*innen mit den angstauslösenden Inhalten oder dem Zwangsritual zu konfrontieren. "Natürlich nicht, um unsere Patienten zu ärgern, sondern um ihnen tatsächlich zu helfen", erklärt Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie.

Ängste konfrontieren

Die Behandlung von Ängsten gehört zur klassischen Verhaltenstherapie. Es wird untersucht, wovor Patient*innen Angst haben und wie stark ihr Leben davon eingeschränkt ist. Anhand der Spinnenphobie erklärt Bastian Willenborg die stufenweise durchgeführten Expositionsübungen.

Man beginnt damit, Bilder von Spinnen anzuschauen, danach könnte man ein Modell einer Spinne berühren, bis man schließlich eine echte Spinne auf der Hand hält.

"Es geht um die Erfahrung: Ich mag die Spinne nicht, die werde ich auch nie mögen. Aber dass dieses Gefühl von Panik und Angst, dass man gleich umkippt, weggeht."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie

Die Patient*innen sollen die Erfahrung machen, dass dieses Gefühl von Angst und Panik unangenehm, aber nicht überwältigend ist, so Willenborg. Ihre schlimmsten Befürchtungen, dass sie umkippen, tritt nicht ein, und die intensive Angst wird allmählich abgeschwächt.

Zwangserkrankungen ebenso durch Exposition behandeln

Die "Exposition mit Reaktionsverhinderung" ist eine effektive, aber leider zu wenig genutzte Methode zur Behandlung von Zwangserkrankungen, sagt Bastian Willenborg. Das kann Patient*innen helfen, die beispielsweise Reinigungs- oder Kontrollzwänge haben. Sie haben ständig den Drang zu überprüfen, ob die Kaffeemaschine oder der Herd aus ist. Der Gedanke ist immer da, sodass Betroffene auf halbem Weg zu ihrem Ziel umdrehen, weil sie es nicht aushalten.

"Irgendwann kommst du aus der Wohnung nicht mehr raus. Zwangserkrankte müssen es immer wieder kontrollieren und haben Kontrollrituale."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie

Die Therapie hilft Patient*innen, den Kreislauf zu durchbrechen. Unter Anleitung eines Therapeuten wird beispielsweise der Herd ein- und wieder ausgeschaltet, um dann die Wohnung ohne erneutes Kontrollieren zu verlassen.

"Exposition ist mega wirksam, gerade was Angst und Zwang angeht, um bestimmte Verhalten zu durchbrechen."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie

Es geht darum, falsche Konditionierungen zu durchbrechen und zwanghafte Rituale zu reduzieren. Die Expositionstherapie ist äußerst wirksam bei Angst- und Zwangserkranken sagt Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin.

Häufigste psychische Erkrankung: Angst

Angsterkrankungen sind die häufigste psychische Erkrankung, so Willenborg. Bei vielen Betroffenen ist die Erkrankung nicht lebenseinschränkend. "Es muss nicht jeder mit einer Flugangst gleich fliegen lernen. Man darf auch ohne Flugreisen zurechtkommen", sagt Willenborg.

Es gibt aber auch Betroffene, die stark unter ihrer Angst- oder Zwangserkankung leiden und jahrelang keine Hilfe suchen. Dabei kann eine Therapie mit Exposition schon innerhalb von Wochen zu einer deutlichen Besserung führen.

"Zwänge sind gar nicht so selten. Es dauert häufig Jahre, bis Betroffene in die Behandlung gehen."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie

"Es ist eine heilbare Erkrankung", erklärt Willenborg. Man bleibt eventuell immer etwas vorsichtiger und checkt, ob die Kaffeemaschine aus ist. Aber das ist in Ordnung, sagt der Facharzt für Psychosomatische Medizin.

Shownotes
Mentale Gesundheit
Wie eine Expositionstherapie bei Ängsten und Zwängen hilft
vom 30. Juni 2024