Ein Schulbezirk im US-Bundesstaat Maryland verklagt die Muttergesellschaften von Instagram, Tiktok, Snapchat und Youtube. Das Suchtpotenzial der Apps sei durch die Aktualisierung der Inhalte hoch und verursache psychischen Stress bei Kindern.

Schulen im Distrikt Howard County im US-Bundesstaat Maryland sehen einen Zusammenhang zwischen dem nicht enden wollenden Strom an Neuigkeiten auf Plattformen wie Tiktok, Instagram, Facebook, Snapchat oder Youtube und der verschlechterten psychischen Gesundheit junger Menschen. Deshalb wollen sie die großen Techkonzerne zur Rechenschaft ziehen. Diese würden insbesondere Kinder ins Visier nehmen, um hohe Unternehmensgewinne zu erzielen.

Meta, ByteDance, Google und Snap hätten "selbstzerstörerische Feedbackschleifen" geschaffen, die die in der Entwicklung begriffenen Gehirne junger Menschen ausnutzen, um die Interaktion mit ihren Produkten immer weiter zu steigern. Zudem würden die Plattformen "ungesunde, negative soziale Vergleiche" fördern. Das könne zu Problemen mit dem Körperbild und geistigen und körperlichen Störungen bei Kindern führen.

Forderung nach Aufgabe schädlicher Produktfunktionen

Mit ihrer Klage wollen die Schulen die Techkonzerne zum Umdenken bewegen. Denn, so der Schulverband im Disktrikt Howard County, man sehe sich ähnlich wie andere Schulbezirke in den gesamten USA an der Belastungsgrenze. Die Schulen seien nicht mehr in der Lage ihren Bildungsauftrag zu erfüllen. Die "absichtliche Kultivierung" schädlicher Produktfunktionen bei Insta, Tiktok oder Snapchat hätten zu "einer psychischen Krise unter Amerikas Jugendlichen" geführt.

"Die Apps können zu Problemen mit dem Körperbild und geistigen und körperlichen Störungen bei Kindern führen."
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin

Mehrere US-Bundesstaaten haben eine landesweite Untersuchung zu den möglichen schädlichen Auswirkungen von Tiktok auf die psychische Gesundheit junger Nutzer*innen eingeleitet.

Tiktok-Nutzung verschlimmert Depressionen oder Angstzustände

Dass digitale Inhalte sich negativ auf die mentale Gesundheit von Jugendlichen auswirken können, zeigen verschiedene Studien. Eine Untersuchung der Krankenkasse DAK weist zum Beispiel nach, dass sich die Zahl von Social-Media-süchtigen Teenagern seit Ausbruch der Corona-Pandemie verdoppelt hat.

Eine Studie aus China kommt zu dem Ergebnis, dass Tiktok unter anderem Depressionen oder Angstzustände bei Teenagern verschlimmern kann.

Ob die Klage Aussicht auf Erfolg hat, lässt sich derzeit nicht beantworten. "Da müssen wir sehen, wie das die Gerichte in den USA entscheiden", meint Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin Martina Schulte. Jedenfalls würden sich die Techkonzerne selbst nicht in der Verantwortung sehen. Ein Google-Sprecher erklärte dem Tech-Portal The Verge, dass der Konzern altersgerechte Erlebnisse für Kinder und Familien auf YouTube entwickele und Eltern robuste Kontrollen biete.

Von Meta heißt es, dass das Unternehmen viel in Technologie investiert habe, die Inhalte im Zusammenhang mit Selbstmord, Selbstverletzung oder Essstörungen findet und entfernt, bevor dies jemand melde. Ob diese Erklärungen der Techkonzerne den US-Gerichten ausreicht, bleibt abzuwarten.

In Großbritannien machte ein Gericht Instagram und Pinterest 2022 dafür haftbar, dass sich eine 14-Jährige tötete – nachdem sie sich auf den Plattformen Inhalte mit Bezug zu Selbstmord, Selbstverletzung und Depression anschaute.

Shownotes
Mentale Gesundheit
Klage gegen Meta, Bytedance und Google
vom 05. Juni 2023
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartnerin: 
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin