Viele Menschen wissen gar nicht, dass sie Migräne haben, sagt Schmerztherapeut Hartmut Göbel. Das zu wissen sei wichtig, um sie richtig zu behandeln.
Migräne und Kopfschmerzen sind in Deutschland weit verbreitet. "Wir unterscheiden 367 Hauptformen von Kopfschmerzen", sagt Schmerztherapeut Hartmut Göbel. Es sei nicht leicht zu unterscheiden, unter welcher Schmerzform Betroffene leiden. Hartmut Göbel ist Neurologe, Psychotherapeut und Leiter der Schmerzklinik in Kiel.
"Es ist immer wieder erstaunlich, dass immer noch viele Patienten kommen, die gar nicht wissen, welche Kopfschmerzen sie haben."
Die meisten Kopfschmerzen lassen sich laut Harmtut Göbel zwei Untergruppen zuordnen: Migräne und Spannungskopfschmerz. Diese sind für 92 Prozent der Kopfschmerzen verantwortlich. Es sei wichtig zu wissen, um welche Art Kopfschmerz es sich handelt, weil sich danach die Behandlung richtet.
Gegen Spannungskopfschmerz hilft Bewegung
Betroffene mit Spannungskopfschmerz sollten sich zum Beispiel bewegen. Bei Migräne kann dagegen Bewegung die Schmerzen verstärken. Diese Erkenntnis sei bereits Teil der Diagnostik: Wenn Kopfschmerzen durch Bewegung schlimmer werden, handele es sich höchstwahrscheinlich um Migräne.
Schon kleinere Änderungen im Alltag können Menschen helfen, die unter leichterer Migräne leiden. Gegen leichte Migräneattacken helfen beispielsweise spezielle Migränemedikamente. Dafür sollten Betroffene in eine spezielle Kopfschmerzsprechstunde gehen, rät Harmut Göbel.
"Gerade weil Migräne über Jahrzehnte immer wieder auftreten kann, sollte man sich schon in frühen Jahren eine gute Diagnose stellen und sich ein gutes Behandlungskonzept aufstellen lassen."
Neben den richtigen Medikamenten gehören zu einem guten Behandlungskonzept ein gleichmäßiger Tagesrhythmus, ausreichend Schlaf, Ausdauersport und Entspannungstechniken. Wer gelegentlich Migräne hat, sollte außerdem immer gut frühstücken mit viel Vollkorn oder anderen komplexen Kohlenhydraten – und zwar direkt nach dem Aufstehen, sagt der Schmerztherapeut.
Tatsächlich leidet laut einer Studie aus dem Jahr 2020 fast jede sechste Frau in Deutschland unter Migräne. Mehr als die Hälfte von ihnen sagt, im Jahr vor der Studie nicht beim Arzt gewesen zu sein. Dabei sei Migräne gut behandelbar und ein Zeichen für besondere Hirnleistungen, sagt Hartmut Göbel.